Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism … Antwort auf: Culture Wars, Kulturelle Aneignung, Identitätspolitik, Wokeism …

#11203269  | PERMALINK

herr-rossi
Moderator
-

Registriert seit: 15.05.2005

Beiträge: 87,224

Zitat @pfingstluemmel: „@ rossi: Im Grunde geht es auch nur darum, Probleme auf einer anderen Ebene zu „lösen“, weil man auf der Ebene der Realität versagt hat bzw. fortwährend scheitert. Die traurige Impotenz der politischen Aktivisten, die es nicht schaffen, das Leben der Menschen zu verbessern, aber ihren Aktionismus in Kunstsphären hineinsublimieren wollen, um überhaupt irgendein Ergebnis vorweisen zu können.

Kunst und Kultur beschäftigt sich mit der Welt um uns herum, warum sollte sie die Frage der „cultural appropriation“ ausklammern, wo der kulturelle Transfer doch zum Kernbestand künstlerischen Schaffens gehört? Der aber durch die westlichen Konzepte des Kolonialismus, Imperialismus und Rassismus in eine dauerhafte Schieflage geraten ist. Und das ist nichts, was man einfach auf die Ebene der Politik abschieben kann.

Zitat @pfingstluemmel: „Ich wollte es erst so stehen lassen, konnte nicht: Es zeugt von kolossalem Beatles-Nichtwissen, ausgerechnet Harrison „Exotik für den Effekt“ zu unterstellen. Das ist aber nun wirklich nichts, was der Beatles-Uninteressierte wissen muss. Die Ernsthaftigkeit, mit der Harrison an die Umsetzung von Within You Without You oder The Inner Light (unter Einbeziehung „ursprünglicher“ Musiker) ging, wie auch sein Wandel im Lebenswandel, sprechen eine deutliche Sprache.

Ich habe George Harrison und den Beatles nirgendwo Ernsthaftigkeit und Respekt im Umgang mit indischer Musik und indischen Musikern abgesprochen (und auch keinerlei „Konsequenzen“ gefordert). Da waren sie für ihre Zeit sogar ungewöhnlich sensibel. Ich sehe aber keinen Widerspruch darin, dass sie trotzdem diese Einflüsse in einer ganz bestimmten Weise verarbeitet haben, und damit für unsere Ohren die populäre Wahrnehmung mitgeprägt haben, dass Sitar- und Tabla-Klänge nach Drogen und Psychedelia klingen, und seitdem, wie Du auch schreibst, quasi als Klangbausteine für diesen Zweck zur Verfügung stehen. Ich mag sogar eine Menge Aufnahmen, in denen das geschieht, aber man kann sich doch mal Gedanken darüber machen. Auch @tezuka.

Ich verstehe deshalb auch nicht Reaktionen wie die von @redbeansandrice („den Film darf man wahrscheinlich auch nicht mehr gucken…„) und @cycleandale („bin ich heilfroh dass ich einfach nur Musik höre & genieße, rassistischer Simpel der ich offenbar bin„), die schon das Nachdenken oder Sprechen über solche Fragen als Angriff oder Verbot auffassen, den man ganz schnell abzuschmettern hat.

Zitat @bullschuetz: „Umso mehr treibt mich der Eindruck um, wenn ich wahrzunehmen glaube, dass ein im Kern sinnvolles linkes Konzept seinerseits ins Intolerante, auch Sektiererische umzukippen droht. Das macht mich nervös.

Verstehe ich schon, aber umgekehrt halte ich diese Reaktionen, die jeden Gedanken in dieser Richtung sofort als „überkorrekt“ abwehrt auch für bedenklich. Man kann anscheinend viele Fragen nicht mehr diskutieren, ohne dass sofort die Extrempositionen abgesteckt und symbolisch abgewehrt werden müssen.

--