Antwort auf: blindfoldtest #32 – redbeansandrice

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gypsy-tail-wind
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#1 – Das Stücke kenne ich natürlich, aber ich komme grad nicht drauf – Joe Henderson? … eine Live-Aufnahme, ziemlich gritty, gefällt mir gut, was das Tenor so alles macht. Der Groove ist gut, das Arrangement lässt mich an Blue Note, späte 60er, denken – Duke Pearson für Stanley Turrentine oder sowas. Ich dachte schon bei vorgartens BFT, dass sich bei mir allmählich das viele Klassikhören rächt, wenn es darum geht, Stücke zu erkennen und sie mit Alben, auf denen sie vorkommen, zu verknüpfen. Vor 15 Jahren hätte mir das bei der Nummer hier keine Mühe gemacht, und dann wäre natürlich auch gleich eine Spur da … zweiter Durchgang, vielleicht komm‘ ich ja noch drauf.

Ist der Anfang leicht beschnitten, oder geht das wirklich so in medias res los? Ist ja schon ein Intro, aber sehr abrupt. Im Hintergrund läuft recht viel, kommt aber im Live-Mix nicht so schön zur Geltung … ist da auch ein Horn dabei oder sind das nur Trompete und Posaunen (teils mit Dämpfer)? Die Themenparaphrase im Tutti ist auch ganz schön, der Drummer hat den Chart im Griff – alles sehr gut gespielt, aber nicht 100% mein Fall.

#2 – Und noch ein Tenor … sehr schönes Intro, Ellington bzw. Strayhorn dann. Das gleiche Problem mit dem Stück, aber diesmal klappt es dann doch:

:-)

Hier bin ich unsicher, das kann alt (Sechziger) sein oder auch viel jünger, ich tippe auf irgendwo in der Mitte. Alte Schule der Tenorsaxer, sehr schöner Ton, viele Nuancen, überhaupt fein gestaltetes Solo. Die Band ist mehr als sachdienlich, aber zum Zug kommt sie hier kaum, davon würde ich gerne mehr hören!

#3 – Und ähnlich fein geht es weiter … das Stück erahnte ich im Intro schon, und die Themenrekapitulation so ab Minute 5 bestätigt’s. Spuren von Johnny Griffin im Ton und in den Phrasen, überhaupt ein Chicago-Vibe hier? Bis hierhin wohl der Tenorsaxer, der mir am besten gefällt, moderner und zugleich altmodischer (Spuren von R & B und Jump) als der in #2, dünkt mich? Und hier darf dann auch die Rhythmusgruppe ran, schöne arrangierte Passage zum Einstieg. Kenn ich all die Leute bis hierhin oder sind das alles super obskure Sachen? Der Pianist hier kommt mir jedenfalls sehr vertraut vor, ohne dass ich gleich einen Tipp hätte. Ok, dann noch der Raushauer/Setcloser/Theme-Song … war sicher toll, an dem Abend in dem Club!

(Der Bass wummst weiterhin schön, das dachte ich schon bei den Stücken davor – denke Deine Ausrüstung für den Transfer ist bestens!)

#4 – Ok, das Stück erkenne ich jetzt sofort und ohne Zweifel (bei #3 hatte ich zunächst welche, obwohl ich schon im Intro richtig vermutet hatte) … Altsax, Gitarre, Piano, übel aufgenommener Bass (Siebziger?), Drums … Sax gefällt mir nur so halb, wird im Thema zwischendurch manchmal etwas fiepsig, im Solo wirkt es jetzt nicht wahnsinnig zielstrebig, kehrt am Ende zum Thema zurück, die Gitarre zitiert dann zum Einstieg einen anderen Standard – aber irgendwie gefällt mir hier der Sound nicht (von der Gitarre mein‘ ich). Hm, lässt mich etwas konsterniert zurück. Und was zum Teufel macht das Piano da, bevor der Gitarrist ganz durch ist, halt doch die Klappe Mann! ;-) – okay, und zum Ende kommt dann auch noch das Riff, ohne das irgendwie keine Jazz-Version hiervon auskommt? Das hinterlässt mich etwas konsterniert, aber ist wohl mein Problem. Die Gitarre für sich würde ich wohl besser mögen, aber in der ganzen Kombination mag ich das nicht so, plus ich mag auch das Stück nicht wirklich.

#5 – Das Riff ist von Wes Montgomery entliehen („Four on Six“) … Varitone geht in den Circus? Aber gut, der Drummer fügt das alles ganz gut zusammen, während das Klavier den Circus eher noch betont und mich nicht überzeugen will. Das ist niederländisch, vermute ich, Siebziger oder eher noch später? Klavier nervt mich leider auch nach zwei Minuten noch, hat keine Idee und weiss mit dem Groove/Riff auch nur wenig anzufangen, dann wiederholen sich klischierte funky Blue Notes, bevor das Karussel wieder dreht. Disse ich hier grad Leute, die ich schütze? Ich merke, dass meine Geduld für Jahrmarkt-Jazz etwas abgenommen hat, bin mal auf die Reaktion von vorgarten gespannt. Und ich hab ne Vermutung, ist nämlich kein Varitone sondern der kleine Bruder, der Mann, der auch Feuer rief? (Und dann natürlich überhaupt nicht niederländisch!) Finde nichts passendes, aber hab über die selbstproduzierten Sachen überhaupt keinen Überblick. Aber gut, die zweite Hälfte, die längere Solo-Passage vom Sax bzw. der Section ist schon sehr schön, Bass und Drums machen einen gute Job – aber das Klavier nervt mich hier aber leider wirklich, auch am Ende wieder.

#6 – Klarinette, Vibes, Piano und Bass … das Thema klingt auch wieder vertraut, aber ich komme wieder nicht drauf. Minimalistisch gehalten, sehr schöne Kombination der Instrumente, sehr klar klingende, fast glockenartige Vibes. (Und warum will einer seinen Bass wie in #4 klingen lassen, wenn auch das hier geht? Ist doch um ganze Universen schöner!) – ach, und da ist ja dann doch noch ein Drummer. Sehr schön, wie aus dem Kammermusikstück mit Klarinette ein Klaviertrio wird! Ist das alles nur einer an Vibes, Percussion, Drums und am Ende wieder Vibes? Sehr schön, aber ich hab keine Ahnung, wer die hier sein könnten und woher das kommt …

#7 – Und hier sind wir wieder irgendwo bei den Leuten, die auch Golson und Farmer heissen könnten … zurück im Postbop oder wie auch immer man das nennt, Achtziger oder so, sehr schöner Ton an der Trompete, mal flächig ausgespielt, dann wieder spitz – ist das ein Flügelhorn? Kommt mir vertraut vor, ohne dass ich grad eine Vermutung hätte (das Stück übrigens auch, aber das kann täuschen). Tenor hat einen wunderbaren Ton, starke delivery – aber gut, Farmer/Jordan hab ich verworfen und komme gerade nicht weiter. Gefällt mir.

#8 – Eine etwas feinere Trompete, auch der 3/4-Beat ziemlich fein, und doch sehr swingend, hat was Bossa-mässiges von der Stimmung her. Gefällt mir sehr gut! Die Trompete understated, das Piano passt sehr gut dazu, die Rhythmusgruppe erstklassig. Drummer hat ein wenig was von Joe Morello, dünkt mich, wie er mit den Besen die Snare bearbeitet und ohne jemals laut zu werden hart swingt und die ganze Nummer treibt. Und die Stotterrythmen des Klaviers haben auch was von Brubeck, irgendwie, wenngleich viel zurückhaltender gespielt.

#9 – And there we go again, was den Bass-Sound angeht … das Stück kennen wir alle in dieser unsterblichen Version – und ich bin allmählich beruhigt, dass mein Songs/Tunes-Erkenn-Sensorium doch wieder angeworfen werden kann! Die Gitarren gefallen mir vom Sound her viel besser als die in #4, soliert hier nur die eine? Jedenfalls ein wunderbarer singender Ton, die kleinen Schnörkel sind auch schön – und wie die zweite dahinter begleitet passt auch sehr gut- und wie daraus dann ein Duett wird – wunderbar! Und der Basser ist eigentlich auch super, das fängt mehrmals fast zu schweben an – was ohne den passenden Touch des Drummers auch nicht ginge. Toll, und auch gleich zweimal gespielt!

#10 – Tyner-Territorium, schon im Intro mit diesen hängenden Akkorden und dann die Schlangenlinie, Sopran oder Alt? Okay, das ist ein Piano-Feature, Sax nur im Thema … gefällt mir! Repeat … hab dazu eigentlich nichts zu schreiben … ausser, dass mich hier auch der oben monierte Bass-Sound nicht stört. Passt alles – wenn das nicht Tyner ist, dann hat hier jemand sehr gut zugehört bei ihm.

#11 – Guter Übergang, und noch ein Walzer, auch hier das Klavier ganz im Mittelpunkt, perlend – und wie imn #10 mit Charakter, mit bewusster Klanggestaltung (deren Fehlen mich wohl beim Klavier in #5 stört, dort wird geklimpert und verkörpert, nicht gelebt). Wieder serh schön!

#12 – Der Orgeljazz fehlt also doch nicht … zwei Tenorsaxophone, Gitarre tief im Mix versenkt, nervös-leichter Drummer. Alles total unprätentiös, alles lassen sich Zeit, entwickeln einfache Motive und Ideen, die Soli wirken fast nicht wie solche, eher so wie eine Reihund kurzer Statements. In den Fours schrammen sie an „It Don’t Mean a Thing“ vorbei (die Orgel, bei 2:46). Repeat. Das ist quasi „So What“ ohne die Question? Das Thema mit dem Schlagzeugsolo ist eine coole Idee! Hm, ok, das erste Sax ist ein Alt, schöner Ton, Tenor zitiert bei 1:13 etwas, wo ich aber auch nicht drauf komme (und bei 1:23 gleich noch was anderes, oder?) – alte Schule, wirklich nichts grosses, aber das muss man erst mal können! Orgel finde ich super, aber alle drei Soli sind toll, und die Drums auch … die Gitarre darf hoffentlich dann in einem längeren Stück auch mal noch ran? Ist das aus der Zeit (ca. Mitte 60er) oder später? (Keine Antwort nötig, wenn das zuviel verlangt ist!)

#13 – Da sind wir wieder im Tyner-Territorium … nervöse Groove, aber toller tiefer Bass und auch die Drums sind super! Klingt wie eine Woody Shaw-Rhythmusgruppe, die grad mächtig in Fahrt ist … der Drummer ist verdammt geil, mit den eingestreuten Backbeats. Das Tenorsax reitet den Groove mit einem Ton, der recht stark von Coltrane geprägt ist – und nicht unvertraut klingt.

#14 – Wtf? Das ist ja super! Ist das nur eine Gitarre im Intro oder eine, die diese Sphärenklänge legt und eine, die die Bossa-Akkorde schrammt? Oder ein Synthesizer (oder gar ein Sopransax mit viel Hall? Hinter dem Tenor klingt das dann wie ein Sopransax, das lange Töne hält?) und eine Gitarre. Ach, das Thema kenn ich doch, ist aus einem Film, französisch, diese Passage bei 1:00? Irre Nummer! Ok, was passiert da bei 1:28, Bassposaunen-Blech-Big-Band … Pastiche, irgendwie, aber das wirft mich grad völlig um, danke!

#15 – Der Kreis schliesst sich – Tenorsax klingt schwer nach Stan the Man, die Soli sind gut, der Groove nervt mich aber bzw. die Congas sind viel zu laut und langweilig, was der Drummer macht, geht dabei unter. Ist das Bacharach? Und ich nenne T. nur, weil ich davon ausgehe, dass er es eben nicht ist … falls doch, sorry!

Tausend Dank!

Und darf ich mal grundsätzlich fragen: ist das Lieblingsmusik von Dir oder einfach mal eine Playlist mit Zeug, was Du gerne hörst und was sich für den Anlass hier eignet? Ich tippe eher auf letzteres?

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