Antwort auf: Song des Tages Vol. II

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herr-rossi
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minos
Mit Rock’n’Roll, den viele ja u. a. mit Buddy Holly verbinden, hat der Track aber nichts zu tun. Grade wegen solcher Nummern hatte ich immer schon ein gespaltenes Verhältnis zu Buddy Holly, auch wenn sich dieses in den letzten Jahren gebessert hat und ich auch ein paar seiner ruhigeren Aufnahmne mag. Aber Tracks wie dieser erinnern mich wieder daran, dass er für mich früher (als ich noch jung war ) kein „richtiger“ Rock’n’Roller war.
EDIT:
Rock’n’Roll/harter Rockabilly muss sich nach meinem Geschmack eher so anhören:
Carl Perkins, George Harrison, Eric Clapton, Ringo Starr, Stray Cats et al. – Blue Suede Shoes

Ich verstehe, was Du meinst, aber zwei Einwände meinerseits: All die Herren da auf der Bühne haben auch ruhigere Stücke und Balladen gespielt. Selbst die exaltiertesten Rock’n’Roller wie Little Richard und Jerry Lee Lewis hatten solche Momente. Da kann man doch nicht einfach sagen, dass das kein Rock’n’Roll ist. Jede Stilrichtung kennt Nuancen des Ausdrucks und kann verschiedene Emotionen rüberbringen. Stilistisch kann das dann durchaus auch eine Menge mit Rock’n’Roll zu tun haben. „Everyday“ ist dafür ein perfektes Beispiel, denn den Song hätte man ohne weiteres auch wie ein zweites „Peggy Sue“ oder „Rave On“ arrangieren können, Melodie, Akkordfolge, Attitüde hätten das ohne weiteres zugelassen.

Was Buddy Holly aber zweifellos von vielen anderen Rock’n’Rollern unterschied, war seine Experimentierfreude. Bei ihm klingen kaum mal zwei Tracks gleich. Das Spektrum an Aufnahmen, die er in nur zwei Jahren hinterlassen hat, ist atemberaubend (die noch tastenden frühen Aufnahmen für Decca lasse ich mal außen vor). Es wirkt aber kaum je beliebig, alles hat den unverkennbaren Buddy Holly-Touch und lassen nie die Bindung an Rock’n’Roll-Charakteristika ganz vermissen. Durch die Wahl einer ungewöhnlichen Instrumentierung – Celesta und Handclaps – macht er aus „Everyday“ etwas Besonderes, ohne dass es schmalzig wird, sondern verspielt und charmant. Man mag z.B. die Streicher in einer seiner letzten Aufnahmen, „It Doesn’t Matter Anymore“, als Verrat am Rock’n’Roll empfinden, aber der Text ist so bitterböse, dass man den Track einfach nicht als Schnulze betrachten kann. Ich sehe Buddy Holly allerdings auch nicht vorrangig als Rock’n’Roller, sondern tatsächlich als einen der ersten wirklichen Pop-Musiker, der alle beeinflusst hat, die nach ihm kamen.

Ein Paradebeispiel für seine Kunst ist „Well, Alright“, eine leise, reduzierte Aufnahme, die aber für die Teen-Rebellion der 50s so sehr steht wie kaum ein anderer Track. Oft gecovert, nie erreicht. Es muss eben nicht immer „voll auf die 12“ sein.:)

Buddy Holly – Well, Alright

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