Antwort auf: Rory Gallagher

#11053117  | PERMALINK

zoji

Registriert seit: 04.10.2017

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@pipe-bowl

Für die fundierte Beurteilung schlechter Produktionsqualität ist wiederum meine Gehörqualität zu schlecht und ich neige nicht sonderlich zum audiophilen. Manchmal wird eine geminderte Audioqualität für mich sogar zum Pluspunkt. Mein Iron-Maiden-Fav z.B. ist immer das Debüt, nicht nur trotz, sondern u.a. auch wegen des garagigen Sounds. Den Sound von Stage Struck empfinde ich als extrem kompakt und straight in your face und damit als kongenial für Performance und Songauswahl, während zu Irish Tour mehr Luftigkeit und Differenzierung passt.

Philby wäre für mich eine Superwahl gewesen anstelle von TLOTI oder BFAI. FTTF hingegen eher für eine Art Irish Tour II passend. Ich glaube nicht, dass er die Dramaturgie eines über zweistündigen Gigs auf einem 40minütigem Livealbum abbilden wollte, sondern für die Konserve bewusst den Spot auf den explosiven Teil gerichtet hat. Was mich betrifft Mission erfüllt. Aber natürlich spielt bei meiner Beurteilung Nostalgie eine erhebliche Rolle, es gibt nicht soviel Musik, bei der ich mich noch genau an den Zeitpunkt , die Umstände und die Emotionen mit denen ich sie erstmals hörte erinnere. Und obwohl ich ihn nicht einmal für einen herausragenden Sänger halte, hat mich damals schon sein herausgepresstes hohes „Whooow“ weggeblasen.

Es ist übrigens nicht so, dass ich Stage Struck mehr schätze als Photo-Finish oder Top Priority, ich schätze an ihm nur eine andere Form von Qualität, eine Atemlosigkeit, die sich für mich auf keinem seiner anderen Alben, Live oder Studio, findet. Das Jinx bei älteren Fans mehr Anklang findet als die drei Vorgänger ist natürlich nahe liegend. Mich hatte es zunächst sogar ein bisschen enttäuscht. Inzwischen aber  längst zu beträchtlicher Größe gewachsen, auch wenn es bei mir eine Nasenlänge hinter seinen Vorgängern ins Ziel geht.

Wenn Du ihn zu der Zeit live gesehen hast bist Du wahrscheinlich älter als ich und in popkulturellen Zusammenhängen sind ja schon fünf Jahre Differenz ein Generationsunterschied. Bezugssysteme müssen natürlich erst einmal über Erfahrung erschlossen werden. Ich war 12 Jahre alt, meine Plattensammlung war eigentlich eine Kassetten“sammlung“ und bestand aus Highway To Hell und Rising von Rainbow. Darüberhinaus kannte ich nur einzelne Tracks, noch keine Alben, von Iron Maiden, Tygers Of Pan Tang, Saxon, Girlschool, Def Leppard, Judas Priest, Motörhead oder auch Krokus, UFO und Scorpions. „Musikjournalistisch“ wurde das zunächst flankiert von hochklassigen Publikationen die Pop/Rocky oder Popcorn hießen.

Das Line-Up des Reading Festivals sah so aus:

Neben den bereits erwähnten, kannte ich auch nur jeweils einzelne Stücke von Praying Mantis, Samson und Girl (eigentlich eine junge Glam-Band, die mit der NWOBHM kurz nach oben gespült wurde) auf der NWOBHM-, sowie UFO und Whitesnake auf der Hardrockseite. Alle anderen Namen, selbst Gillan, Blizzard Of Oz und Fisher Z waren mir noch völlig unbekannt. Mit den ein oder zwei anderen Prolljungs, die meine Vorlieben teilten, haben wir als Noch-nicht-einmal-Teenager keinen großen Unterschied zwischen NWOBHM und Hardrock gemacht und die Vokabel Bluesrock habe ich überhaupt erst zwei oder drei Jahre später registriert. Mein Bezugssystem war eigentlich hart und schnell (für damalige Verhältnisse), gitarrenlastig und langhaarig. Insofern really indeed, da passte Rory mit gerade diesen vier Stücken von Stage Struck halt schon rein und das erklärt vielleicht mein Missverständnis. Mit vier beliebigen Titeln von Irish Tour wäre ich dem Irrtum vermutlich nicht aufgesessen.  Naja, Cradle Rock vielleicht.

 

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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)