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Aretha Franklin hat leider keinen eigenen Thread – obwohl sie es allemal wert wäre. Ich habe aber auch nicht so viel über sie zu sagen, dass ich einen eröffnen werde.
Aber – ich habe einige Zeit der gegenwärtig sonst ereignisarmen Tage damit verbracht, mir zum ersten mal diese schon lange bei mir im Regal stehende, wie ramschige Massenware wirkende Box mit fünf Alben aus Arethas Zeit bei Atlantic komplett anzuhören. Über das erste, großartige Album I Never Loved … habe ich mich oben schon geäußert. Auch die übrigen Alben sind mindestens gut. Aber die eigentliche Überraschung ist für mich das Album Live At Fillmore West von 1971. Davon hatte ich eigentlich nicht mehr erwartet als ein paar lieblos in die Laufzeit einer LP gepresste Live-Aufnahmen einiger ihrer Hits und ein paar damals gängiger Gassenhauer wie Bridge Over Troubled Water.
Aretha Franklin – Live At Fillmore West (1971)
Selten war ich so glücklich, ein Vorurteil widerlegt zu bekommen! Fillmore West ist natürlich der legendäre Club in San Francisco und Coverversionen von Love The One You’re With (Stephen Stills), Eleanor Rigby (!) oder Bridge Over Troubled Water sind tatsächlich kalkulierte Versuche, beim wahrscheinlich überwiegend weißen Hippie-Publikum anzukommen – Aretha kündigt diese auch als „Experimente“ an. Aber Aretha eignet sich BOTW hier so an, als sei es sowieso für sie geschrieben worden und verwandelt es fast in einen Gospel. Aretha Franklin, die messerscharfe Band unter Leitung von King Curtis mit den Memphis Horns und das Publikum treiben sich gegenseitig abwechselnd durchs Tal der Tränen und auf den Gipfel der Verzückung. Was für eine Dramaturgie von Spannung und Entspannung, Disziplin und Spontanität, Berechnung und Gefühl! Und bei Spirit In The Dark kommt sogar noch Ray Charles auf die Bühne. Da wallen die Gefühle auf und ab und am Ende hat man eine Katharsis erlebt wie nach einem Gospel-Gottesdienst. Oder so stelle ich mir jedenfalls das Erlebnis damals im Fillmore vor.
Live At Fillmore West kann man getrost neben die besten Live-Alben von James Brown stellen. Hier ist das zwar alles auf 48 Minuten eingedampft und wohl auch irgendwie, aber kaum merklich zusammengeschnitten, funktioniert aber ausgezeichnet. Es gibt auch diverse erweiterte Aufnahmen dieses mehrtägigen Engagements von Aretha im Fillmore, ein Doppel-Album mit zwei kompletten Sets und eine Ausgabe mit den Sets aller Auftritte ihres mehrtätigen Gastspiels. Und auch ein Live-Album von King Curtis, der mit seiner Band das Vorprogramm bestritt, das dem Vernehmen nach kaum weniger großartig ist.
Hier kann man den Auftritt als Video sehen, in – ich sachma – dokumentarischer Qualität.
God Almighty!
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)