Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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yaiza

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… hier noch eine kurze Zsf. eines Konzertes einen Tag später — Ein anderer Abonnent hatte mich gefragt, ob ich Zeit und Lust auf das Konzert des NHK in der Philharmonie hatte. Er fühlte sich nicht so fit und ihm war das zu viel. Damit die Karte nicht verfällt, brachte er sie gleich ins Konzerthaus mit. Ich erklärte mich dann bereit, ihn in bestem Wissen und Gewissen zu vertreten :D, war natürlich recht neugierig…

 

Philharmonie Berlin 3. März 2020

NHK Symphonie Orchestra, Leitung Paavo Järvi   

Takemitsu „How slow the Wind“ , Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 (Solistin: Khatia Buniatishvili); Bruckner Sinfonie Nr. 7

Ein Konzert, mit dem ich also nicht rechnete. Ich war aber ziemlich gespannt auf das NHK, das ich eigentlich nur von Aufnahmen mit Ashkenazy (meist Schostakowitsch) „kenne“… Der Sitzplatz in Vertretung befand sich hinter dem Orchester, klanglich sicher nicht optimal, aber mit bestem Blick auf Paavo Järvi. In der Philharmonie saß ich noch nie in diesem Bereich. So kam ich via Platz und Programm mal zu anderen Blicken und Eindrücken. Der Beginn mit einem Stück von Toru Takemitsu („How slow the Wind“) war sehr gelungen. Das NHK hat einen vollen Klang. Stücke von Takemitsu hörte ich noch nie von einem Orchester gespielt, eher zeitgenössische Ensembles und somit war das schon ein echtes Erlebnis. Paavo Järvi war auch voll dabei. Ich sah bisher nie, das ein Dirigent bei seiner Arbeit bis in die Hocke geht. Von meinem Platz aus war ich nah an den beiden Schlagwerkern dran, die das  „Windspiel“ gut meisterten – wirklich toll.

Vor dem nächsten Teil war mir vorher etwas bang. Ich denke, die Show von Khatia Buniatishvili ist nicht so mein Fall. Ich fand das mit den übertriebenden Gesten ermüdend und mochte auch gar nicht so viel hinschauen. Das 3. Klavierkonzert von Beethoven kam mir doch recht schläfrig vor… Järvi war in seiner Welt, Buniatishvili war mit „aparten Armbewegungen“ (las ich heute in einer österr. Rezension vom Auftritt in Wien und gefiel mir sehr gut als Umschreibung) beschäftigt. Bei mir kam gar keine mitreißende Stimmung auf. Dennoch brandete danach riesiger Applaus auf, die Solistin wurde richtiggehend gefeiert und aus dem Publikum wurden Blumen gereicht. Ihre Zugabe (Schubert) hingegen gefiel mir schon mehr – sehr fein und ohne große Gesten gespielt.

Nach der Pause ging es mit der 7. Sinfonie von Bruckner weiter. Hier kenne ich mich gar nicht aus. Das einzige, das ich bisher dazu gehört hatte, war das kammermusikalische Arrangement von Eisler, Stein und Rankl für Schönbergs Verein in Wien (ich hatte mich dafür mal wg. Eisler und Schönberg mehr interessiert und auch eine Aufnahme zu Hause). Das Podium war nun voll besetzt und der Klang von Anfang an richtig satt. Das hatte ich so gar nicht erwartet und der Sinfonie aufmerksam zuzuhören und bis zum Ende dabeizubleiben, machte diesen Abend erst richtig zum Konzerterlebnis. Es war eine Freude, Paavo Järvi zuzuschauen (von den Musikern sah ich leider nur die Hinterköpfe). Am Ende hatte ich das Gefühl, das ich mit dem NHK ein gutes Orchester für dieses Repertoire erwischt hatte. Es wurde zu keinem Zeitpunkt lang oder war langweilig… Wirklich gut gemacht. Der Applaus wollte gar nicht enden. Paavo Järvi wurde wirklich einige Male herausgerufen. Nach dem 6. oder 7. Mal wartete ich auch schon auf das Zeichen des Konzertmeisters, aber die Orchestermitglieder setzten sich immer wieder hin, obwohl sich der Saal immer mehr leerte… Egal, Järvi kam nochmal heraus, gab dem Konzertmeister einen Schulterklappser und los ging’s mit dem Valse triste von Sibelius. Das wirkte irgendwie surreal – ein sich leerender Saal und das Orchester spielt weiter und dann noch einen Walzer. Um 22:42 war dann das Tagewerk vollbracht. Ich glaube, so spät kam ich noch nie aus der Philharmonie.

Hier ein Kurzbericht aus Wien, auch mit Buniatishvili   (vorher begleitete Sol Gabetta das NHK und spielte das Cellokonzert von Schumann)

Gestern las ich noch ein bisschen quer und fand diesen Podcast von gramophone. Er ist recht aktuell und wurde zum Start der Tournee aufgenommen (es ging in Estland los). Paavo Järvi erklärt hier einiges zur Tradition des NHK und zu den Bartók-Aufnahmen, die ich auch schon im Laden sah.

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