Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

#11020663  | PERMALINK

dietmar_

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redbeansandrice V/A – European Young Artists. 1st European Jazz Competition. Jazzfestival Leverkusen 1982. International Jazz Federation manchmal hat man so Vorahnungen… als ich vorgestern bei CD Andrae in Koeln anfing, die Schallplatten durchzugehen, wusste ich irgendwie schon bei Buchstabe B, dass ich am Ende unter Various Artists diese Platte von 1982 finden und mitnehmen wuerde… 2 LPs mit Bands aus der ganzen Welt (D, UK, Skandinavien und Italien), ganz grosse Namen fehlen, die groessten sind wohl in der fuenftplatzierten Band zu finden (die Pianistin Rita Marcotulli, die ich zB mit Dewey Redman 17 Jahre spaeter live gesehen hab und Chet Bakers Sidekick Nicola Stilo an der Floete, beide damals so Mitte 20). Die Mehrheit der Beteiligten hat hier debuetiert und danach so 50 bis 100 discogs credits angesammelt (was eine ganze Menge ist)… Gekauft hab ich die Platte eigentlich primaer als Puzzlestein in meiner noch jungen Guenther Klatt Sammlung… Klatt war mir neulich zufaellig auf Youtube begegnet, leider frueh verstorben, so etwas wie der deutsche Bennie Wallace oder Ricky Ford, der zwischen 1982 und Ende der 90er eine Reihe von Alben aufnahm, alle rund um seinen grossen Tenorsound aufgebaut und historisch irgendwo zwischen Ellington und Ayler platziert… so stell ich mir das jedenfalls vor, gehoert hab ich noch nicht viel… die zweitplatzierte Band (wenn ich die Auflistung richtig lese) ist das Sextet des italienischen Trompeters Fabio Morgera, mit einem jungen Matthias Schubert am Tenor (sodass man wohl sagen kann, dass von den 20 bedeutendsten deutschen Tenoristen des Jazz einer hier sein Debut feiert und der andere (Klatt) sein Debut als Leader). Super Track, super Tenorsolo (waehrend das Marcotulli Quartet ein bisschen langweilig ist). Auf der zweiten LP finden sich zwei Bands aus Skandinavien und eine aus dem UK, sagt mir alles nichts und schreib ich naechstes Mal drueber… (Platz 3, 5 und 7 waren sie im Wettbewerb). Interessant fuer mich war noch der Viertplatzierte, Martin Kastenholz am Solopiano mit seiner Komposition (oder Improvisation) „Eine Restklasse fehlt“. Wo ich „Eine Restklasse fehlt“ las, wusste ich direkt, dass ich auch mal an dem Ort war, wo Menschen so sprechen… und ein bisschen erinnern und dann googlen bestaetigte, dass Martin Kastenholz zwar heute Biobauer und Konzertpianist ist, aber in den fruehen 80er Jahren genauso Bonner Mathematikstudent war wie ich 20 Jahre spaeter (und dass die Sache mit den Restklassen irgendwie ins zweite bis dritte Jahr eines Mathematikstudiums gehoert). Und wenn ich mir die Namen seiner spaeteren Projekte ansehe (Mandelbrot, Delta…) oder entdecke, dass er sich auch als Brettspielentwickler versucht hat (klick), dann muss ich wohl sagen: Ich hab damals das Leben gelebt, die Lieder gesungen, ueber Restklassen geredet wie jeder andere auch… aber ich wusste schon frueh, dass ich dort kulturell immer ein Fremder bleiben wuerde … Kastenholz scheint im Zentrum dieser Kultur gewesen zu sein… und: schade, dass er nicht mehr aufgenommen hat! Es ist wirklich ein super Track, sehr frei, sehr viel lebendiger als ich angesichts der mathematischen Fassade erwartet hatte – hochverdienter vierter Platz. (Tatsaechlich muss ich sagen, dass ich Kastenholz wohl eher auf drei hoere, dann die norwegische Fusiongruppe (momentan drittplatziert), dann Marcotulli auf 5, Platz 6 und 7 laufen gerade noch…) Fazit: Ich hab die Platte ueber die Jahre schon oefters gesehen, mE ist sie echt gut – sehr froh, dass ich sie mitgenommen hab

Günther Klatt begegnete dir auf der Lala Kovačev Compilation, nehme ich an? Die habe ich mittlerweile, dank deines Einwurfs, auch hier. :good:

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