Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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gypsy-tail-wind

ich wage also den Versuch

Hm, okay, was soll ich sagen? Die Prognose, dass das nicht meins ist, war nicht falsch … in den 90ern hätte ich das aber geliebt, und daran erinnert es mich auch öfter, also an die Grooves von den Leuten, die damals instrumental Drum’n’Bass gemacht haben, auch das Acid Jazz-Umfeld guckt wieder rein (ist ja bei den Londonern eh gegeben, und die sind hier durch Shabaka Hutchings, der im Chicago-Set mitwirkt und teils mich wieder mal total nervt, teils aber sehr gefällt, nicht nur im Londoner-Set vertreten). Ich weiss nicht, genau, was das für Musik ist, Jazz eher nicht, intelligente Clubmusik, frühere hätte man auch Lounge gesagt … es gibt wunderbare Momente dank der Harfe von Brandee Younger und dem Cello von Tomeka Reid (im NY-Set, das überhaupt klanglich toll ist, ein Vibraphon ist ja zum Kontrabass und den Drums des Leaders auch noch dabei), Tomeka Reid ist korrekterweise beim Chicago-Set erneut dabei, Junius Paul, Shabaka Hutchigns und der Leader, klanglich also viel schlanker, aber eher noch „clubbiger“, dünkt mich (bis gegen Ende dann mal etwas mehr Raum erspielt wird). Die Londoner-Seite fand ich recht harmlos, was mit Nubya Garcia und ihren Coltrane-Versatzstücken zu tun hat – damit klingt sie in diesem Rahmen zu ambitioniert (und passend ist es gerade auch nicht, auch nicht als „Ausbruch“, denn ein solcher findet absolut nicht statt, dazu ist alles viel zu plüschig, man hebt allenfalls mal kurz den Kopf hoch beim Nickerchen nach der Party und denkt „wann hört die olle endlich mit diesem Jazz auf“). Das LA-Set mit Jeff Parker fand ich dann wieder stimmiger, klanglich auch wieder etwas aufgemotzter (in London gibt es ts/rhodes/b/d, in LA as/v/g/b/d/perc), aber hier klappt das mit den Grooves, die für sich schon Räume öffnen, für mich besser (bei den NY- und Chicago-Sets ist es mir meist viel zu abgekartet, zu durchgetaktet, wirkt oft fast schon atemlos, bleibt dann aber doch recht langweilig). In LA hat die Geige (Miguel Atwood Ferguson, kenne ihn nicht) mal einen wunderbaren Moment, ein Solo, das sich auch bestens in den Groove fügt (was Garcia eben nicht so recht hinkriegt) …

Aber gut, man muss da wohl gar nicht so genau hinhören sondern irgendwie mit dem Flow gehen, um noch so eine abgedroschene Floskel rauszuhauen … aber das mit dem Flow mache ich zuhause eher nicht so (und live würde ich mir das nicht anhören, ich glaub McCraven war letztes Jahr auch mal in Zürich, aber im Jazzclub, der sich – ausser von der Einrichtung her – leider passenderweise tatsächlich etwas zu sehr zur gemütlichen Lounge gewandelt hat die letzten Jahre).

Jetzt hole ich gerade noch was von 2019 nach, heute in der Post:

Sounds of Liberation (CvsD, 2019) | Das sind Byard Lancaster (as), Monnette Sudler (g), Khan Jamal (vib), Billy Mills (b), Dwight James (d), Omar Hill (perc) und Rashid Salim (perc). Die schmale Diskographie ist damit ziemlich krass gewachsen, denn es gab bisher nur ein Album aus dem Vorjahr, das von Porter Records vor einigen Jahren auf CD und LP wiederaufgelegt wurde – und 2019 wie ich gerade sehe vom ursprünglichen Label Dogtown selbst nochmal, remastered auf Basis des Vinyl-Transfers von Porter).

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba