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Zu Donald Byrd hab ich mich letztens ja mehrmals geäussert … er ist halt keiner, der Dich ins Gesicht haut (wie Lee Morgan oder Freddie Hubbard), ein eher etwas introvertierter, lyrischer Musiker. Ihm wurde ja gerne vorgeworfen, sein Spiel sei zu „akademisch“, aber das ist natürlich Unsinn.
Egal, wegen Eric Dolphy: das klappte ja leider längst nicht mit jeder Rhythmusgruppe – mit Mengelberg/Schols/Bennink 1964 schon, aber mit den Skandinaviern auf den drei „In Copenhagen“-Alben überhaupt nicht, die kommen so knapp mit, ohne sich völlig zu blamieren, aber viel mehr dann auch nicht (so jedenfalls meine Erinnerung, habe die Aufnahmen schon sehr lange nicht mehr angehört. Mich dünkt, dass für Leute wie Byrd oder Davis die Präsenz von Dolphy sicherlich ein grosser Ansporn war, das Beste zu geben (gilt auch für Benny Bailey oder Idrees Sulieman auf den Aufnahmen aus Berlin bzw. Stockholm, die bei Enja erschienen sind, v.a. das Konzert mit Bailey mag ich sehr gerne). Dolphy war halt einfach verdammt gut (es gibt Leute, die meinen, er sei Charlie Parker so nah gekommen wie kein anderer der Altsaxer jener Zeit, die eigentlich alle dasselbe versuchten, von Cannonball Adderley über Gigi Gryce, Jackie McLean oder Ernie Henry bis zu Phil Woods – und Dolphy gelang das eben gerade, weil er dabei seine eigene Stimme fand), und wenn man neben so jemandem steht, muss man liefern, sonst fällt man gerne mal so ab, dass es auch Leute merken, die eigentlich wenig von der ganzen Sache verstehen. Es gibt ähnlich gelagerte Fälle, etwa Budd Johnson, den heute leider kaum noch jemand kennt … und Coleman Hawkins war natürlich auch so.
Die Aufnahmen mit Byrd und Nathan Davis habe ich übrigens auch in einer zweifelhaften Aufnahme:
Sie hat den Vorteil, dass sie die ganzen, eh nur auf Bootlegs erhältlichen, Aufnahmen des Sextetts versammelt. Zudem ist Last Date drin, das aber immer noch problemlos in der offiziellen Ausgabe aufzutreiben ist (die hier schon seit über 20 Jahren steht), und dann ist – für alle, die die grosse ICP-Box nicht haben ein höchst willkommener Bonus – noch das fast 20minütige „Epistrophy“ drauf, das ein Fan bei einem Auftritt von Dolphy mit Mengelberg/Schols/Bennink aufnahm (nach diesem Stück wurde er wohl angehalten, das Aufnehmen einzustellen – im Rückblick natürlich jammerschade!). Die Aufnahme erschien auf ICP 015. Davor (CD2 #5 & 6) sind noch ein Bonus, zwei Stücke mit Kenny Drew, Guy Pedersen und Daniel Humair, auch von 1964, die auf der Humair-Zusammenstellung „Surrounded“ (2 LP mit 16 Tracks in verschiedensten Besetzungen, ich habe leider nur die etwas gekürzte – 12 Tracks – CD-Ausgabe davon).
Und ja, bei Jack Diéval nützt Dolphys Präsenz auch nicht viel, der war für so einen Rahmen sowieso der falsche Mann, aber so richtig gut finde ich ihn nirgends – eher der Organisator als der grosse Pianist, was man wiederum auf dieser lohnenswerten CD schön hören kann:
https://www.discogs.com/Various-Jazz-Aux-Champs-%C3%89lys%C3%A9es/release/13067104
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