Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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yaiza

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HOMMAGE AN GIDON KREMER (18.-27.10.2019) im Konzerthaus Berlin

Fr, 25.10.19
Victor Kissine: „Another Question“-Essay for string and symphonic orchestras (UA, Auftragsw. KH)
Weinberg: Konzert für Violine und Orchester g-Moll op. 47 (Violine: Gidon Kremer)
Schostakowtsch: Sinfonie Nr. 5 d-Moll op. 47

KH-Orchester; Dirigent: Christoph Eschenbach;  zusätzlich Kremerata Baltica bei „Another Question“
Ton-und Bildmitschnitt für eine CD/DVD-Produktion

 
Allein schon durch die Aufführung der 5. Sinfonie von Schostakowitsch versprach es, ein besonderer Abend zu werden. Aber los ging es mit einer Komposition von Victor Kissine (russ. Komponist,lebt seit 1990 in Belgien). Gidon Kremer und er kennen sich schon lange, sind gut befreundet und haben einen umfangreichen Gedankenaustausch. Im Programmheft steht, dass Kremer eben diesen oft mit „Another Question…“ beendet. Beide teilen auch die Eigenschaft, lieber Fragen zu stellen als zu beantworten und um diesen Charakterzug herum wurde das Stück komponiert. Es spielten das Konzerthausorchester und die Kremerata, die sich hinter die letzten Reihen im Parkett stellten, um einen räumlichen Klang mit Echo (Frage-/Antwortspiel) zu erzeugen. Das Stück war ganz interessant, griff Ives‘ „Unanswered Question“ auf. (mein allererstes Konzert in der Philharmonie Berlin war ein Konzert mit Charles Ives-Kompositionen,im Hören hatte ich stark den Wunsch, mal wieder Fühlung zu Ives aufzunehmen). Zum Schluss betrat Gidon Kremer den Saal von der hintersten Tür, schritt an der Kremerata Baltica vorbei, dann den Mittelgang entlang, am Podium vorbei, um kurz vor der Tür zur Bühne mit einem für ihn so typischen glasklaren Ton zu enden und hinauszugehen. Es passte zu dem, wie er sich die letzten Tage zeigte, sehr offensichtlich sogar. Ihm ist die Kremerata wichtig und sein Rückzug ist lang angekündigt, aber irgendwann geht’s hinaus aus dem Saal. Er hätte ja auch die Stufen zur Bühne nehmen können, verließ aber den Saal. Von den Rängen aus (ich auch im 2. Rang) hatte man auf diese Szene den besten Blick. Im Parkett merkten die Zuschauer erst, was los ist, als er bei ihnen vorbei lief.
Nach dem langen Applaus, Victor Kissine war auch anwesend und die Kremerata Baltica kam zur Bühne, wurde das Konzert für Violine und Orchester g-Moll op. 67 aufgeführt. Ich hatte hier nochmal den tollen Blick auf Kremer genossen. In der Grundstimmung ist es schon ein Werk mit kräftigem Geigenspiel. In den ruhigen Passagen glänzt Kremer mit den klaren Tönen. Es wird vermutet, dass hier Weinberg sein Leben mit all den Brüchen darstellt. Ob er das selbst mal gesagt hat, weiß ich nicht.

(Ich höre gerade die Aufn. von Linus Roth mit dem DSO Berlin, der sich auch um Weinbergs Musik verdient machte, dieses Konzert wiederentdeckte und in die Säle zurückbrachte und u.a. mit Thomas Sanderling die Weinberg-Gesellschaft mitgründete).

Der Applaus war wieder sehr lang und für viele, die nicht am Sa/So die weiteren Konzerte besuchen werden, war das auch der Abschied von Gidon Kremer. Als Zugabe spielte er eine Prelude aus Weinbergs so interessantem op. 100, die er auch mit „für ursprünglich Cello geschrieben“ ankündigte. Da ich auch nicht wusste, inwieweit Kremer in die Vorstellungen zu „Chronicle of Current Events“ eingebunden war (er kündigte das im Publikumsgespräch vor allem als visuelles Projekt an), war ich innerlich auch schon in Abschiedsstimmung. Falls es wirklich zu einer Veröffentlichung kommt, bin ich schon jetzt darauf gespannt, noch einmal das Violinkonzert von Mieczyslaw Weinberg zu hören. Gerade die sehr leisen Passagen waren ganz fein gespielt, ähnlich wie beim Offertorium. Hier schließt sich dann auch ein Kreis zum ersten Konzert. Die vier Konzerte im großen Saal waren wirklich interessant gestaltet. Nach jedem Abend hatte ich das Gefühl, dass es ein besonderer war.

Auf den zweiten Teil war ich sehr gespannt. Nur soviel, die 5. Sinfonie von Schostakowitsch wurde exzellent gespielt. Nicht nur das Konzerthausorchester, auch Christoph Eschenbach, hatten dieses Werk in sich drin. Am 4.12. dirigiert Vladimir Ashkenazy das DSO und sie spielen auch die 5. Bei mir schon seit Monaten Aufregung und Vorfreude in einem (!)

Zu DSch5 schreibe ich später mehr, da ich gleich verabredet bin und vermutlich einen sehr interessanten 9. November verbringen werde, inkl. zur Mittagszeit eine Stunde Kammermusik mit Streichtrios von Beethoven, Weinberg (op.48) und Gideon Klein im Beethovensaal des Konzerthauses (gibt es nicht so oft). In dieser Woche finden ganz viele Veranstaltungen statt, im Prinzip seit 4.11. auch eine Themenwoche.

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