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gypsy-tail-wind
Ende Woche kamen die letzten zwei Abo-CDs von Intakt … eher durchschnittlich dieses Jahr, finde ich, aber die Speed neulich und jetzt dieses „Taschentrio“ von Formanek (so very practical ist das mit dem Kontrabass aber gewiss nicht) sind schon ziemlich schön. Lief gestern spät zum ersten Mal. Mary Halvorson gefällt mir hier jedenfalls ausserordentlich gut, sie spielt oft halb-akustisch, streut ein paar Effekte ein (z.B. hört man den verstärkten Ton manchmal mit recht grosser Verzögerung, quasi als Echo), sie dehnt die Töne und erreicht so eine eigenwillige Intonation. Tim Berne, ich muss es so blöd sagen, klingt nirgends so sonnig und aufgestellt wie hier (bei ihm, bei aller Wertschätzung, kriege ich immer Angst, gleich in eine Depression zu schlittern) … Formanek selbst ist Anker, Drehscheibe, gleichberechtigter Partner – etwas mühsam ist aber, dass man ihn oft laut atmen hört. —
Jetzt eine endlich legalisierte Scheibe. Bin ja nicht der grosse Phil Woods-Fan, aber einiges hat sich schon angesammelt über die Jahre – ein paar der ganz frühen Sachen, wo er noch uneingeschränkt super ist (die Aufnahmen mit Jon Eardley von 1954/55, das Album mit John Williams 1955 – die kriegt man aktuell auf einem Freshsound-Twofer, wenn man nicht die vergriffenen Fantasy-CDs suchen will), „Sugan“ (mit Ray Copeland und Red Garland) ist auch super (habe ich bisher nur als Kopie, muss ich wohl auch mal noch ändern) … dann die spät-60er „European Rhythm Machine“-Aufnahmen (das ist das Trio von Gruntz-Texier-Humair, das mächtig Feuer macht, es gibt wohl auch die Version mit Beck statt Gruntz, aber ich habe nur zwei Alben mit Gruntz) … dann steht hier die Mosaic-Box (stets mit dem Rhythmustandem Steve Gilmore/Bill Goodwin, das lange Jahre mit Woods spielte) mit Aufnahmen aus den Jahren 1976/77 (Mike Melillo), 1981 (Hal Galper), 1984 (Tom Harrell, Galper), 1991 (Hal Crook, Jim McNeely) und 1992 (Brian Lynch, McNeely) … und natürlich darf „The Rev and I“ nicht fehlen, ein spätes Blue Note-Album mit Johnny Griffin (1998, Cedar Walton, Peter Washington und Ben Riley sind auch dabei, Goodwin als Gast auch noch) … das Candid-Album von 1961 stellt den Kontext her zu Woods dem (phänomenalen!) Lead-Altsaxer in Big Bands – diesen Job hatte er in der feinen Band von Quincy Jones inne und von dort kommt grösstenteils auch das Personal, das mit ihm die Suite einspielte, die zwar auf Stravinsky anspielt und im letzten fünften Teil auch „Rites of Spring“ zitiert, aber dennoch waschechten Jazz bietet und keinesfalls ein Third Stream-Experiment darstellt: Benny Bailey (t), Curtis Fuller (tb), Julius Watkins (frh), Sahib Shihab (bari), Tommy Flanagan (p), Buddy Catlett (b), Osie Johnson (d). Im letzten Stück sind Willie Dennis (tb) und Granville Hogan (d) anstelle von Fuller und Johnson zu hören. (Das Tenorsax auf dem Cover ist Fake, ein solches hört man hier nicht, nur Alt von Woods und Bari von Shihab.)
Ein Abo bei Intakt habe ich immer noch nicht. Und ob ich mir wirklich eines zulegen soll bezweifle ich. Es gefallen mir dann doch nicht alle Aufnahmen die Intakt veröffentlicht. Obwohl es für mich eines der führenden Label aus Europa ist, soweit damit der Jazz ausserhalb (mehr oder auch weniger) des Mainstream gemeint ist. Es gibt einfach zu viel. Schon die Menge der CDs/LPs von Musikern die kenne und schätze übersteigt meine Zeit zum hören; vom finanziellen Aspekt einmal abgesehen. Bis Anfang des Jahres habe ich noch alle Intakt als Promo CDs bekommen (inklusive Booklet). Dies ist jetzt leider nicht mehr so. Diese CDs in einer Papphülle (mit Artwork vorne und hinten) sind mir eh lieber als diese Plastikhüllen. Mittlerweile bin ich dazu übergegangen alle CDs aus diesen Hüllen zu „befreien“ und sie dann in durchsichtige Kunstofftaschen zu geben; natürlich mit dem Papier / Booklet. Mal sehen ob ich mir die aktuelle Formanek zulege. Werde demnächst bei Bandcamp, sobald Intakt das Album einstellt, mal ein wenig reinhören. Die Gitarre ist für mich (im „jazzigen“ Jazz) ein tendenziell „schwieriges“ Instrument. Und Mary Halvorson ist mir insgesamt auch einfach zu „brav“. Dann lieber gleich Charlie Christian, Attila Zoller, Egberto Gismonti oder Jim Hall. Aber vielleicht habe ich noch nicht die entscheidende Aufnahme gehört.
Zu Phil Woods hatten mich die Aufnahmen mit der „European Rhythm Machine“ gebracht. Das wenige aus der Zeit davor welches ich bis dahin gehört hatte, mochte mich nicht zu überzeugen. Erst als ich die 2012/13 veröffentlichte CD auf Fresh Sound (Benny Bailey & Phil Woods: Big Brass + Rights of Swing) gekauft habe hat sich mein Bild von Woods nochmal geändert. Daraufhin die CD von Jon Eardley auf Prestige (aus der Collectors Choice 50 Serie) gekauft und mich daran erfreut. „Sudan“ ist mir noch unbekannt. Aber welches Album mit John Williams meinst Du?
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