Antwort auf: Blue Note Records – Die frühen Jahre (New Orleans Jazz, Boogie, Swing, Blues)

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Da braucht Du natürlich auch keine Bewilligung @friedrich ;-) – ist ja eigentlich auch in meinem Sinn, etwas ausführlichere Beiträge nicht im Hörthread zu versenken.

Am Wochenende wird mal die erste Folge der auf vier Teilen angelegten StoneFM-Sendereihe über die frühen Jahre von Blue Note fertig gestellt.

Blue Note Records: Die frühen Jahre
– Teil 1: Boogie, Blues & Jazz 1939-40 – 28.5., 22:00 (1 Stunde)
– Teil 2: Hot Jazz, 1943-46 – 22.6., 22:30 (2 Stunden)
– Teil 3: Swing, 1941-52 (2 Stunden)
– Teil 4: New Orleans Revival, 1949-55 (1 Stunde)

Teil 3 und 4 folgen voraussichtlich im September und/oder Oktober. Ein paar Namen zu den vier Teilen: Meade Lux Lewis, Albert Ammons, die Port of Harlem Jazzmen (mit Sidney Bechet, J.C. Higginbotham und Frankie Newton) (Teil 1); James P. Johnson, Art Hodes, Sidney Bechet, Wilbur de Paris (Teil 2); Charlie Christian, Edmond Hall, Ben Webster, Ike Quebec, John Hardee, Jimmy Hamilton, Vic Dickenson (Teil 3); George Lewis, Sidney Bechet, Wilbur de Paris (Teil 4).

Die Zeitachse verläuft ja so, dass 1947 mit Thelonious Monk (und Babs Gonzalez und bald anderen wie Art Blakey, Bud Powell etc.) der Modern Jazz Einzug bei Blue Note hält. Bis Ende der Vierziger gibt es aber noch weitere Sessions, die dem alten bzw. dem sich erst etwas später so bezeichneten Mainstream Jazz zurechnen lassen. Sidney Bechet nimmt noch bis in die Fünfziger für Blue Note auf, auch Wilbur de Paris, der schon in den Vierzigern eine Session als Leader machte und als Sideman auftauchte, nimmt nochmal als Leader auf, das Resultat ist eine eher langweilige, recht typische Dixieland-Revival-Session. In Sachen Dixieland kommt dann noch George Lewis dazu – Lion kaufte Aufnahmen von Bill Russell, der in den Vierzigern als Einmann-Betrieb ein faszinierendes Unterfangen startete (eigentlich einen eigenen Thread wert), American Music Records:

Das Haus seines Bruders war auch der Ort, in dem er die Aufnahmen seines 1944 gegründeten Platten-Labels American Music herausgab (deshalb stand Pittsburgh auf den Label-Namen). Dazu hatte er schon 1942 in New Orleans Bunk Johnson kennengelernt und mit ihm Aufnahmen gemacht (weitere Aufnahmen 1943 in San Francisco), ebenso wie 1943 bei einer zweiten Reise nach New Orleans George Lewis und andere Musiker aus der Frühzeit des New Orleans Jazz, die damals schon fast vergessen waren. Für die Aufnahmen mietete er Hallen und Clubs, denn der Zugang zu Studios war in New Orleans für schwarze Musiker (ebenso wie das öffentliche Zusammenspiel weißer und schwarzer Musiker) damals noch eingeschränkt. Über die ganze Zeit seiner Existenz (1953 machte er letzte Aufnahmen) war das Label ein Ein-Mann-Unternehmen von Russell.

Die Lewis-Aufnahmen erscheinen in einer 3-CD-Box von Mosaic auf ungefähr den ersten beiden CDs, aber mit dem Vermerk, dass die Acetat-Platten nicht mehr gefunden werden konnten. Für die etwas späteren (Mitte 90er) Reissues der Musik auf Jazzology (George H. Buck, der Gründer von Jazzology, hat 1988 den Katalog von Russell gekauft) konnte man aber anscheinend wieder auf die Acetate zugreifen – ich habe beide Ausgaben im Regal, die Booklets der Jazzology-Reissues präsentieren auch Skizzen und Notizen von Russell (aus Tagebüchern und Briefen an seinen Bruder), z.B. zur Aufstellung der Band in den angemieteten Räumen, oder zu anderen angefragten Musikern, denen die Russell mögliche Gage zu gering war und die darum ihre Instrumente gar nicht erst auspackten … da stellt sich natürlich die Frage, ob das nicht wieder Fälle sind, wo bei der Überlieferung der Zufall mächtig die Hände im Spiel hatte. Vermutlich im grossen Ganzen ja schon nicht, aber in einzelnen Fällen sieht das wohl anders aus.

Originalcover sind natürlich im Netz ein paar zu finden (z.B. bei Birkajazz), das hier ist die zweite der tollen Lewis-CDs, wie sie bei Jazzology aussehen (die Cover-Fotos kommen sicher auch von Russell):

Neben den Russell-Sessions kaufte Lion auch noch eine Live-Aufnahme von Lewis aus den frühen Fünfzigern ein. Im April 1955 fanden dann die wohl letzten Sessions von Blue Note statt, die dem alten Jazz gewidmet sind, und Lewis‘ Musik endlich in der üblichen Rudy Van Gelder-Qualität dokumentieren. Diese wurden zu weiten Teilen auch auf der CD veröffentlicht, die Blue Note 1998 herausbrachte (ich hatte sie oben schon erwähnt, gleiche kleine Reihe wie die gerade abgebildete „Blue Note Swingtets“-CD):

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #151: Neuheiten aus dem Archiv – 09.04., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba