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Anonym
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@soulpope Schiff und ABQ sind noch nicht da, ich hatte neben der Sendung mit Stegemann mich zuvor etwas im Netz orientiert, und Deine Beschreibung trifft es sehr gut. Man weiß ja vielleicht nur am Ende, warum man welche Wege gegangen ist, und das ABQ ist fast immer an mir vorbeigangen. Nicht aus Absicht! Großartige Streichquintette von Mozart. Und dann, aber das mochte eher an Brahms als an den Wienern liegen, Ratlosigkeit bei dessen Streichquartetten. Die gingen mir erst mit LaSalle ins Ohr. Ich meine die Streichquartette, die Sextette z. B. habe ich eher „verstanden“, mit Casals und der pyrenäischen Bande damals. Aber vielleicht auch, weil ich mit Perpignan und Prades sehr persönlich verbandelt bin. Fast so, als hätte ich da gewohnt.
Und damit, @gypsy-tail-wind, bin ich bei der Melos-Einspielung mit Rostropovich. Das ist eine Einspielung, die mir immer noch sehr nah ist, daher ja damals die Empfehlung, die ich auch heute noch so posaunen würde. Sie ist unsäglich langsam – und Stegemann schätzt sie gar nicht. Er sagt in der Sendung, dass Melos ein Problem hätte wie viele Ensembles: die ungenaue Intonation des Primarius. Hier also Wilhelm Melcher. Ich kann das nicht beurteilen, ich höre bei den bisherigen Ausschnitten von ABQ und Schiff aber viel größeres gemeinsames Bergsteigen. Stegemann ruft bei Rostropovich einen späteren Live-Mitschnitt mit dem Emerson String Quartet auf. Da sei das alles bereinigt. Das mag alles so hingehen, trotzdem hat mich jetzt für die Erweiterung des Streichquintett-Blocks eher das Alban Berg Quartett interessiert. Melos habe ich einmal live gesehen – konzertant -, mit einem alten gebrechlichen Wilhelm Melcher, er ging gebeugt wie ein Haken auf die Szene und lebte erst mit der Violine in der Kehle auf.
Ansonsten, neben Emerson und ABQ, empfiehlt Stegemann erstaunt das alte Pro Arte Quartet. (Stegemann sagt, sie seien die ersten gewesen mit einer Einspielung, ich glaube, da waren noch ein paar zuvor?) Eine Aufnahme aus den 1930er-Jahren. Und so weiter, es gibt viele Details, auch zu neueren Einspielungen, Artemis wird die Gunst verwehrt, meine ich zu erinnern, dafür aber das Belcea Quartet wird auch nach vorn getragen und das Kuss Quartett, das ich gar nicht kannte. Was soll man sagen; das Werk ist ein großer Elefant. Größer, als wir sind. Die Sendung vom 21.04. ist hier noch zu hören, zwei gute Stunden, bei dem Playlist-Link muss man so ungefähr in die Mitte der Seite scrollen. Heifetz mit anderen Bekannten bekommt eine Watsche, er mache daraus ein Violinkonzert für sich selbst. Ich bin da nicht so sicher eingestellt.
Die Übergänge fallen mir hier, @sam, gerade sehr leicht, denn Stegemann ist nicht nur Experte für Schubert und französische Musik, sondern auch für Glenn Gould. In der weißen Sony-Edition, ich glaube, so hat Flurin das mal getauft, hat er die Booklets geschrieben und auch eine große nüchterne Biografie. – Es gibt viele Bücher über Gould, es gibt seine eigenen Schriften, es gibt seine Fernsehproduktionen, auch in Rollen, die er einnimmt; es gibt etliche Filme von Bruno Monsaingeon (er hat auch Filme zu Richter, Menuhin gemacht, Goulds Texte in drei Bänden in Frankreich herausgegeben), es gibt eine große psychologische Studie von Peter Ostwald usw., es ist fast maßlos, wie intensiv dieser Klavierspieler die Leute beschäftigt hat.
Und die Goldberg-Variationen, das ist alles mit Legendengedöns belegt, den Gould aber auch ein bisschen geschürt hat. Das ungenaue kollektive Bewusstsein sagt gern, er habe mit den Goldbergs begonnen und mit den Goldbergs das Leben beendet. Stimmt nicht. Die 81er-Einspielung war eine neue Sache – Gould hat nie, das stimmt wieder, ein zweites Mal ein Werk eingespielt (die „Kunst der Fuge“ muss man ausnehmen, da hat er einen Orgelwitz sehr früh abgeliefert und dann später im Fernsehen noch einmal ein paar Stücke herausgepickt, am Klavier). Aber danach kamen noch Richard Strauss und Wagner mit einem glasklaren Siegfried-Idyll. Man liest, mit 50 wolle er nur noch dirigieren, Bachs h-moll-Messe, Beethovens achte Symphonie (der Schalk). Dann mit 50 zwei Schlaganfälle. Seine Millionen gingen an den Tierschutzverein und die Heilsarmee.
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