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Christian Arndt (Electronic Germany) – Tanzhaus West, Frankfurt am Main, 30.3.2019
Früher befand sich in der ehemaligen Fabrikhalle für Farben und Lacke der illegal betriebene Techno-Club Space Place, etwas versteckt in einem Hinterhof der Gutleutstraße im Frankfurter Südwesten. Seit November 2004 beherbergt diese Halle das Tanzhaus West, für nicht wenige Fans einer der besten Musikclubs für elektronische Musik in der Bankenmetropole. Um sein neues Buch „Electronic Germany“ vorzustellen, gastierte am Samstagabend der Schriftsteller Christian Arndt im Tanzhaus West, zusammen mit dem in der Szene beliebten DJ Dirty Doering (war mir als Außenstehender bislang kein Begriff). Zur Einstimmung auf die Lesung mit anschließender Diskussion führte Autor Arndt den TV-Beitrag über sein Sachbuch vor, der vor vier Tagen in der 3sat Kulturzeit (ab Minute 31:14) und in der hr-Sendung „Hauptsache Kultur“ zu sehen war.
In seinem Sachbuch beleuchtet Autor Arndt die Techno-Szene in Frankfurt am Main der 1990er und Nuller Jahre, mit bedeutenden und längst verblichenen Läden wie dem Dorian Gray, das Omen und U60311. Was damals das Omen war, diesen Stellenwert räumt der Autor heute dem Tanzhaus West ein. Frankfurt sei in den 1990ern nicht nur eine Stadt der Gegensätze gewesen, wie Techno-Forscher Christian Arndt schilderte, sondern ein international bekannter Sound – der Sound of Frankfurt. Für sein Buch hat Arndt zig Interviews mit Größen wie Sven Väth, Chris Liebing, Marusha und Frontpage-Herausgeber Jürgen Laarmann geführt.
Sehr unterhaltsam waren die Anekdoten von Dirty Doering links des Podiums, der in Baden-Baden aufgewachsen war und jedes Wochenende als noch Minderjähriger mit seinen Kumpels über 250 Kilometer nach Frankfurt gefahren sei, um in das dortige Nachtleben einzutauchen. Kam er mal wieder wegen seines Alters nicht ins Omen rein, musste er stundenlang im Auto in einem Parkhaus bis zum Morgengrauen warten, während seine Kumpels feierten. „Da saß ich druff im Auto und hörte die hr3 Clubnight“, amüsierte sich Dirty Doering. Neben mir im Publikum in der ersten Reihe saß der Begründer der hr3 Clubnight Markus Hertle. Darüber hinaus debattierte die Runde über das Thema Party-Drogen, kommunal angestellte Nachtbürgermeister, die Liberalisierung des Verkaufs von Drogen und wie ausgeprägt das politische Bewusstsein innerhalb der Technos-Szene ist. In Frankfurt gebe es an dem der Goethe-Universität angeschlossenen Institut „Centre for Drug Research“ (CDR) den Arzt Dr. Bernd Werse, der den Zusammenhang von Jugendkulturen und Drogenkonsum erforscht. Bis 2009 habe man als Clubbetreiber in der Bundesrepublik, wie Dirty Doering erzählte, finanzielle Fördermittel von der EU erhalten, wenn man eine alte Industriebrache, die auf einem chemieverseuchten Grundstück stand, als Pächter säubern und renovieren ließ, um daraus ein instandgesetztes Kulturzentrum zu schaffen.
In Berlin soll es eine dubiose Location namens Eimer gegeben haben, eine Mischung aus Techno-Club und schwulem Gay-Swinger-Club: Auf der Tanzfläche soll dort mittig eine Toilettenschüssel gestanden haben, in die sich mancher Besucher entleerte, während die restlichen Besucher darum weitertanzten. Party on!
Das Tanzhaus West in Frankfurt – könnten ruhig mal den Namen des Clubs über der Tür anbringen, ich musste mich erkundigen, wo es langgeht …
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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!