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go1 Wer hat das denn gefordert und wo? In diesem Thread jedenfalls habe ich diese Forderungen nicht gelesen. (Und solltest Du etwa mich gemeint haben, würde ich mich missverstanden fühlen. Ich habe oben zu begründen versucht, warum man Sexismus im Kulturbetrieb auch dann als Problem betrachten sollte, wenn man nicht direkt betroffen ist.)
Musste ich nachschauen, es war SlowTrain, der auf „verbaute Karrieren bei im Zweifel besserer Ausbildung“ hinwies, was das im Kunstbetrieb auch immer bedeuten soll. Der Hinwies auf Geschäftsbeziehungen fiel hier ja öfter, was gerade im Fall Bridgers und Moore reichlich seltsam ist, denn die haben die Grenze zwischen beruflichem und privatem selbst freimütig überschritten. Wir reden hier von einer Ehe und einer mehrmonatigen Affäre. Adamas‘ Prominenz hat hier offenkundig nicht nur eine Seite in die Waagschale geworfen.
Mir scheint, dass Du da gerade gegen Windmühlen anreitest, die Du für Riesen hältst. Die Diagnosen, die ich gelesen habe, laufen nicht auf die Forderung nach einer allmächtigen Kulturbehörde hinaus. Da ging es darum, Verantwortung für Fehlverhalten zu übernehmen und Einstellungen zu ändern, die solches Fehlverhalten begründen.
Wie gesagt „zu Ende gedacht“, also überspitzt formuliert. Der Artikel prangert die vermeintlich zwielichtigen Rahmenbedingungen (Nachtleben) der Branche an, die auf noch zwielichtigeren Mythen (Sex, Drugs & Rock N’Roll) beruhen. Soweit die diffuse Diagnose. Konkret wird er nicht, weil er es nicht kann. Wie man dem Treiben Herr werden soll, kann sich der Leser dann selbst ausmalen. Die vorgegebene Leserart ist jedoch: Es gehört auf jeden Fall endlich irgendwie aufgeräumt mit den Machenschaften der letzten Dekaden.
Es ging in der Diskussion um „gatekeeper“, Leute mit Einfluss, die ihre Rolle ungebührlich auszunutzen versuchen und unangenehm bis ekelhaft werden, wenn sie ihren Willen nicht kriegen –
Oder wie Amy Phillips schreibt (Managing News Editor von Pitchfork):
Every time another headline pops up about how women are underrepresented on the charts or in music production or missing from festival lineups, we should think about the countless gatekeepers who, instead of helping women, used their positions for sexual gain at the expense of their targets. This casual abuse of power is the norm in music, a grey area unlikely to be dealt with by a male-dominated industry still just wading into #MeToo. But the Ryan Adams account is a necessary reminder that this is what many women deal with, at one point or another, in pursuit of their dreams. The more often these difficult stories are told, the less abusers can hide behind feigned ignorance and weak, deflective apologies.
Das behauptete Narrativ der „gatekeeper“, die gezielt Frauenkarrieren behindern, schlucke ich aber nicht so ohne weiteres. Dass bei Wacken 95 % Männer auf und vor der Bühne stehen, hat sicher 1000 Gründe, aber da männlichen Machtmissbrauch hinein zu interpretieren ist meiner Meinung nach schon fast paranoid. Die Männerquote hier im Forum liegt seit 17 Jahren bei 99,9 %. Macht hier Geritt Pohl noch heimlich den virtuellen Türsteher oder hat das evtl. einfach etwas mit unausgewogenen Interessen zu tun? Im Bereich Indie/Alternative wurde neulich erst festgestellt, wie Frauen inzwischen die Lesercharts dominieren. Wie haben die plötzlich die männlichen „gatekeeper“ passiert und Platten veröffentlicht? Wenn es Mogule à la Weinstein gäbe, die hier gezielt über Jahre sexuelle Nötigung zur Methode machen würden, gehörte das ohne Frage aufgedeckt und aufgeklärt. Mit Szenen einer Ehe aus dem Hause Ryan Adams wild im Nebel rumzustochern, fällt bei mir aber eher in die Kategorie Clickbaiting als unter journalistische Aufklärung.
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