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bullitt
nail75
bullittWenn es Missstände gibt, gehören die aufgeklärt, aber garantiert nicht so.
Wie dann?
In dem man wesentlich breiter recherchiert? Viel mehr Quellen bei bringt? Es ist ja fast schon lächerlich, latho hat es erwähnt, wie der Artikel den Dreh bekommen will, die #MeeToo-Debatte anlässlich dieses „Skandals“ endlich prominent mit viel Tamtam ins „bisher verschonte“ Musikbusiness zu drücken, und die Mutmaßungen dann im Wesentlichen auf jetzt nicht so wahnsinnig aufregende Aussagen zweier Ex-Beziehungen eines Ryan Adams stützt.
„The music world, in which a culture of late nights and boundary-pushing behavior has been normalized, hasn’t been as roiled by the #MeToo movement as other sectors of media and entertainment. But many in the business say that harassment and inequitable treatment of women is pervasive and that the “sex, drugs and rock ’n’ roll” ethos has shielded men from being held to account.“
„Many in the business say…?“ Ja wer denn, wo denn, wann denn? Das ist ein gigantisches Business, da kann ich doch nicht mit so einer dünnen Story kommen, um pauschal tiefgreifende Missstände anzuprangern. Die Quintessenz des Artikels hast du ja bereits zusammengefasst: „Das ist kein schlimmes Verbrechen, wirft aber ein ziemlich schlechtes Bild auf Ryan Adams, den Menschen. Keine Überraschung.“ Genau, nicht mehr und nicht weniger. Kein Grund so ein riesen Fass aufzumachen. Eigentlich. Aber man spürt förmlich den Feuereifer der beiden Autoren, die meinen das nächste große Ding am Start zu haben.
Bleibt die eigentlich spannendere Frage, wie moralisch integer Künstler eigentlich sein müssen.
Gute Frage und schwer zu beantworten, daran will ich mich auch gar nicht versuchen.
Meine Meinung ist: Der Artikel ist solide recherchiert und ausreichend mit Quellen unterfüttert, so dass ich ihn für schwer angreifbar halte. In seinen Reaktionen scheint Ryan Adams Fehlverhalten zumindest teilweise einzuräumen, jedenfalls gibt es in den Aussagen von ihm und seines Anwalts Widersprüche, auf die auch schon hingewiesen wurde. Der Abschnitt, den du oben zitierst, ist allerdings aus mehreren Gründen fragwürdig, wir wissen ja schon länger von den Eskapaden von Michael Jackson bzw. dem Sexkult, den R. Kelly offensichtlich betrieben hat – und der in den USA für gigantischen Wirbel gesorgt hat.
Die Ryan Adams-Story geht in dieselbe Richtung, aber ich finde, in Ton und Inhalt ist da doch von der Headline bis in die Details ist da doch ein anderer Ton als bei den wirklich krassen, verbrecherischen Skandalen. Aber dennoch darf man als Tageszeitung auch darüber berichten.
Das Argument „mehr Recherche, mehr Quellen“ ist kein gutes. Es gibt in diesem Artikel eine ausreichende Zahl an namentlich bekannten Quellen, um davon auszugehen, dass es sich nicht um den Rachefeldzug einer Verflossenen handelt (Kachelmann!). Zeitungen (arbeitest du nicht für eine?) sind Wirtschaftsunternehmen, irgendwann muss man auch einfach erklären: Wir haben so und so recherchiert, glauben wir unserer Story, unseren Journalisten oder nicht? Und dann muss man sich entscheiden, ob man veröffentlicht. In diesem Fall hätte ich auch veröffentlicht.
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Ohne Musik ist alles Leben ein Irrtum.