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bullittWie gesagt, ich maße mir nicht an, die Sachlage aufgrund dieses Artikels beurteilen zu können.
Du wirst mir nachsehen, wenn ich Dir das nicht so ganz glaube. Zurückgehalten hast Du Dich nur beim Urteil über Ryan Adams, nicht aber beim Urteil über die beteiligten Frauen. Da hast Du Dir schnell eine Meinung gebildet: „Rachefeldzug“, „lässt tief blicken“ – Deine Worte. Zweierlei Maß?
bullittEntweder gibt es justiziable Angelegenheiten, die gehören dann entsprechend aufgearbeitet, oder es gibt schmutzige Wäsche, die gewaschen werden soll.
Meines Erachtens ist das eine falsche Alternative. Es gibt auch noch andere Dinge, wie in diesem Fall. Was erlaubt (oder nicht verboten) ist, kann problematisch, schädlich, kritikwürdig sein – und von öffentlichem Interesse, nicht bloß „schmutzige Wäsche.
Wichtiger als die Frage, ob ein Verhalten erlaubt oder verboten („justiziabel“) ist, ist mir persönlich, ob es Schaden anrichtet und welche Ursachen es hat. Ich halte es da eher mit Laura Snapes:
Two women in the NYT’s report about Adams say that their interactions with him extinguished their desire to ever make music again. If the allegations are true, these women – and probably thousands more with similar stories about other men – are the collateral damage of a protectionist industry whose power brokers operate out of fear of their own irrelevance.
Oder mit Krautathaus:
krautathausDer NYT-Artikel entstand in erster Linie deshalb, weil bei 6 Anschuldigungen plus Ex-Frau ein deutliches Muster hervortritt und man nicht mehr von Einzelfällen sprechen kann. Weiteren Musikerinnen, deren Karriere so negativ beeinflußt wird ist der NYT-Artikel ein Warnschuß. Muß man wirklich noch betonen, wie wichtig in einer nach wie vor von Männern dominierten Produzentenwelt das Selbstvertrauen für Musikerinnen ist? Wie wäre es, wenn eine junge Gillian Welch nie veröffentlicht hätte, wäre sie an einen „Ryan Adams“ geraten?
Ich habe zu viele Berichte über Sexismus im Kulturbetrieb gehört und gelesen, um das nicht für ein Problem zu halten. Als Musikhörer habe ich ein Interesse daran,
(a) dass der Talentpool nicht verkleinert wird, indem weibliche Talente abgeschreckt oder entmutigt werden, und
(b) dass diejenigen, die in der Position sind, Talente fördern zu können, die talentiertesten Musikerinnen und Musiker auswählen und nicht die willigsten oder diejenigen, die gut im Bett sind (auch nicht diejenigen mit dem cleversten Manager oder der spendabelsten Plattenfirma).
Das deckt sich meines Erachtens mit dem Interesse der jungen Musiker, die wegen ihrer Musik geschätzt und gefördert werden wollen, nicht aus außermusikalischen Gründen. Verhaltensweisen, Sitten und Gebräuche, die diesem Interesse zuwiderlaufen, lehne ich ab, weil sie der Kunst im Wege stehen. Der aktuelle Fall scheint mir dafür relevant und deshalb auch von allgemeinem Interesse zu sein.
Dass „der Zweck nicht die Mittel heiligt“, muss man mir nicht erklären – ich diskutiere hier überhaupt nur mit, weil mir der Bericht der NYT ausreichend glaubwürdig und plausibel vorkam. Die Sorge wegen falscher Beschuldigungen verstehe ich gut, aber in diesem Fall sehe ich da bisher nicht genug Anzeichen, um das zu meiner größten Sorge zu machen.
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To Hell with Poverty