Antwort auf: Ryan Adams

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slow-train

Registriert seit: 25.09.2008

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Die etwaige Justiziabilität ist ja nun auch von Interesse für die entsprechenden Behörden.  Was imho die Verbreitung der Anschuldigungen via NYTimes rechtfertigt, sind in erster Linie zwei Faktoren. Zum einen hat sich die Zeitung seit #MeToo den Status als Medium erarbeitet, dass Opfern eben wirklich glaubt. Dass dies bei den lokalen Vertretern der öffentlichen Einrichtungen Polizei/Staatsanwaltschaft weiß Gott keine Selbstverständlichkeit ist, ist oft genug dokumentiert. Als Geschädigte in einer derart intimen Situation hätte ich auch keinen Bock mich zuerst einmal rechtfertigen zu müssen. Sexuelle und psychishe Gewalt ist eben einfach kein einfacher Taschendiebstahl, der im Zweifel dank öffentlicher Videoüberwachung auch viel einfacher zu beweisen ist. Ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Frauen ist in diesem Zusammenhang einfach nur eklig. Ryan Adams hat sich für eine Karriere in der Öffentlichkeit entschieden, in seiner Situation muss er damit klarkommen, wenn investgativer Journalismus auch in sein Privatleben hereinschaut. Wobei dies der zweite Punkt ist. Ryan Adams ist in diesen Situationen nicht nur Privatperson. Er ist eine wirkmächtige Institution im amerikanischen Indierock-/Americana Geschäft. Er ist Labelbetreiber, er ist hervorragend vernetzt und es wird in seinem Arbeitsleben immer wieder Situationen geben, in denen er als Rockstar allein mit Frauen, deren sozialer/finanzieller Status weit unterhalb des seinen anzusiedeln ist, in Kontakt tritt. Wenn es eine mögliche gibt Frauen vor den Erfahrungen der 7 zu schützen, dann muss dies getan werden. Das ist eben nur möglich, wenn die Clubs in denen er Auftritt bescheid wissen, wenn Musikerinnen erfahren, dass Ryan Adams eben nicht immer nur der großherzige Talentförderer ist, der Konakte nach Nashville oder zu NPR herstellen kann, sondern auch jemand, dessen Interessen in einem Maß über das Künstlerische und Finanzielle hinausgehen können, dass sie zum resignierten Abbruch der Karriere oder lang anhaltenden Schäden führen können.
In diesem Sinne ist #MeToo etwas großartiges, eben weil die Gruppen, die hauptsächlich von sexuellen Mißbrauch nicht nur gehört werden können, sondern es auch einfacher haben sich durch die Erfahrungsberichte gegenseitig zu schützen.

Natürlich werden die Anschuldigungen nun immer an ihm hängen bleiben. Aber warum sollten sie auch nicht? Für ihn gilt es jetzt sich womöglich den Ermittlungen zu stellen. Ganz sicher ist es ihm anzuraten sich Hilfe zu suchen um sein Verhalten zu ändern und wenn er einsichtig ist und sein Verhalten wirklich ändert, gibt es auch keinen Grund, ihn auf eher mittellange Sicht nicht wieder als Musiker wahrzunehmen, der eben in einer oder mehreren Lebensphasen falsch gehandelt hat und sich selbst und andere davon befreien konnte. Wenn ihm das nicht gelingt, dann braucht er auch kein Mitleid.

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