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Die nächsten Stunden geht es zu Hank Mobley und Sonny Clark – aus dem tollen Mosaic-Set mit Mobleys Aufnahmen für Blue Note in den Fünfzigerjahren. Das Album Hank Mobley war Clarks Debut bei Alfred Lion, er war gerade erst an die Ostküste zurückgekehrt, auf Tour mit Dinah Washington. Bis Ende 1956 gehörte er in Los Angeles zu den Lighthouse All-Stars um den Bassisten Howard Rumsey und tat sich wohl zunehmend schwer mit dem leichteren Groove der Westküste (er gibt aber auch Conte Candoli, Frank Rosolino und Stan Levey Credit dafür, dass sie lange an der Ostküste gespielt hätten und ihre Anwesenheit in der Rumsey-Band ihm das Leben erleichterte).
Alfred Lion merkte rasch, dass er mit Sonny Clark auf musikalisches Gold gestossen war. Zwischen Juni 1957 und April 1958 ging Clark 20 Mal für Blue Note ins Studio, auch seine ersten fünf Sessions als Leader fallen in diese Zeit. An seiner Seite findet man bei den fünf Sessions eine ganze Reihe illustrer Namen: Donald Byrd oder Art Farmer, Curtis Fuller, Jackie McLean, Hank Mobley, John Coltrane oder Clifford Jordan, Kenny Burrell, Wilbur Ware oder Paul Chambers, Louis Hayes, Art Taylor, Pete La Roca oder Philly Joe Jones.
Auf dem ersten Album mit Mobley wird dieser nicht so sehr ins Zentrum gerückt, vielmehr scheint die Session dazu gedient zu haben, ein paar neue Leute zu entdecken: Bill Hardman an der Trompete (er gehörte zur „second edition“ von Art Blakeys Jazz Messengers, neben Jackie McLean und teilweise Johnny Griffin), Shafi Hadi (damals noch Curtis Porter) am Altsax (er gehörte 1957 zur Gruppe von Charles Mingus) – Paul Chambers und Art Taylor waren hingegen längst bekannt. Das Material stammt von Porter (zwei Originals), Mobley (eins), Milt Jackson („Bags‘ Groove“ – gutes Chambers-Solo) und Rodgers-Hart (Mobley ist wunderbar in „Falling in Love with Love“). In diesem Rahmen wirkt Mobley etwas dunkler, verschatteter als anderswo („Bags‘ Groove“!).
Die nächsten zwei Sessions kamen erst mit gehöriger Verspätung heraus (dasselbe Schicksal ereilte die „My Conception“-Session vom März 1959 unter Clarks Leitung mit Mobley), der Bassist der als Curtain Call oder „Hank“ bekannt gewordenen Scheibe wurde zudem auf der ersten Ausgabe fälschlicherweise als George Joyner angegeben – korrekt ist Jimmy Rowser, und der macht einen sehr guten Job. Neben Clark ist hier aber vor allem Kenny Dorham dabei, der ersten kongeniale Partner von Mobley, 1954/55 bei den Jazz Messengers (Silver/Blakey) und später auch bei Max Roach, und auf eigenen Alben („Mobley’s Second Message“, 1956 für Prestige, dann 1957 „Curtain Call“ sowie Dorhams „Whistle Stop“, 1961 für Blue Note aufgenommen). Am Schlagzeug sitzt erneut Art Taylor und das Material stammt hier wieder grossteils von Hank Mobley. Vier der sechs Stücke hat der Leader komponiert, daneben spielt er ohne Dorham „Deep in a Dream“ (interessant: Clark hat das Stück 1961 nochmal aufgenommen, mit Ike Quebec, zu hören auf seinem letzten Album „Leapin‘ and Lopin'“, das ansonsten mit anderen Bläsern entstand) und schliesslich erklingt eine Bearbeitung von „My Reverie“ von Claude Debussy (via Larry Clinton, einen Bandleader der 30er). Schon der Opener, „Don’t Get Too Hip“, ein mittelschneller funky Blues, ist super – Clark legt ein erstes Solo vor, in dem er mal hinter den Beat fällt, dann wieder nach vorn drängt. Joyner macht am Bass einen so guten Job wie die bekannteren Doug Watkins, Paul Chambers und Wilbur Ware auf den anderen Mobley-Sessions der Zeit, und Taylor macht eh Spass … Dorham legt dann zunächst ohne Klavier los (mit Kommentar von Taylor) und sein Solo ist noch besser. Für mich allein wegen der drei Hauptdarsteller – Dorham, Mobley, Clark – ein Klassiker, diese Session, und natürlich ein Jammer, so exquisite Musik damals nicht herauskam (von Mobley hatte man wohl schlicht mehr Material, als man sich zu veröffentlichen leisten konnte – Geld hatten Lion/Wolff ja nie, die eine Platte finanzierte mehr oder weniger die nächste und so ähnlich ging das wohl bis zum Verkauf an Liberty). Sehr hip ist auch „The Mobe“, ein Original mit raffiniertem Arrangement.
De dritte Mobley-Session für Blue Note mit Clark am Klavier, Poppin‘, folgte im Oktober 1957 und erschien ebenfalls erst 20 Jahre später. Diesmal sind Art Farmer an der Trompete (Im Januar 1958 war er erneut mit Clark im Studio, als „Cool Struttin'“ entstand), Pepper Adams am Baritonsaxophon, Paul Chambers am Bass und Philly Joe Jones am Schlagzeug dabei (Clark, Chambers und Jones hatten gerade „Sonny Clark Trio“ aufgenommen). Mit Adams im Mix ist die Band hier natürlich etwas wuchtiger, aber Farmers lyrische Trompete bietet einen guten Kontrast. Philly Joe Jones, der ja damals (auch oder v.a. wegen seinem Spiel im Quintett von Miles Davis) oft als laut und lärmig verschrieen war, begleitet schon im ersten Stück, Mobleys „Poppin'“, sehr toll, nimmt dabei Rücksicht auf die unterschiedlichen Temperamente der vier Solisten (Clark, Adams, Farmer und Mobley, der dann auch noch ein paar Exchanges mit Philly Joe spielt. Jones ist, das stelle ich beim Wiederhören all dieser Aufnahmen mal wieder fest, schon mein liebster Drummer für die Art von Hard Bop (ein paar Jahre später, so ab 1960/61, ist das wohl dann anders, da öffnen sich wieder neue Türen, Pete La Roca taucht auf, Billy Higgins kommt ins Blue Note-Team, bald ist auch Tony Williams da.
Die Ballade für Mobley ist diesmal „Darn That Dream, aber auch Farmer (mit Dämpfer) und Adams (er kann ja Balladen nicht gut, aber hier gibt es sich richtig Mühe, nicht zu rasen) sind zu hören, danach auch noch Clark, der fast schon Monk-ish streng klingt. Zu den Monk-Anklängen passt das nächste Stück, Mobleys „Gettin‘ Into Somethin“, das die Changes von „Just You, Just Me“ als Grundlage nutzt – einem Lieblingsstück von Monk, bei dem Mobley in der Zeit gerade kurze Zeit gespielt hat (leider gibt es keine Aufnahmen). Mobley strollt die ersten zwei Durchgänge ohne Piano und man mag sich dazu – wie Bob Blumenthal in den Liner Notes der Mosaic-Box schreibt, in der Tat Monk bei seinem Tänzchen vorstellen -, dann folgen Farmer und ein toll aufgelegter Adams. Dann folgen die zwei langen Stücke der LP (die nach dem Schema 3 + 2 zusammengestellt war, das bei Blue Note sehr oft zum Einsatz kam). Alle sind in „Tune Up“ (Miles Davis bzw. Eddie Vinson) zu hören, inklusive Jones – und das ist dann natürlich für Adams wieder ideales Territorium. Den Schluss macht dann vielleicht das Highlight, Mobleys drittes Original, „East of Brooklyn“, bei dem ausser Jones erneut alle Beteiligten solistisch zu hören sind, Chambers diesmal gezupft. Die Stimmung in diesem Stück ist super, Jones trägt mit seinem Rumpel-Beats ebenso viel dazu bei wie das Ostinato, über das die A-Teile gespielt werden (für die Bridge geht es in einen swingenden 4/4) – und die drei Bläser ergänzen sich einmal mehr sehr gut und spielen tolle Soli. Clarke und Chambers runden Reigen ab, bevor das mysteriöse Thema wiederholt wird.
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