Startseite › Foren › Die Tonträger: Aktuell und Antiquariat › Aktuelle Platten › Julia Holter – Aviary › Antwort auf: Julia Holter – Aviary
go1Ja, aber Julia Holters Frühwerk sollte einen auf das neue Werk vorbereitet haben: Wer Tragedy und Ekstasis hintereinander weg hören kann, müsste auch mit Aviary zurechtkommen, oder? Und wer Björk oder David Sylvian durch ihre verschiedenen Werkphasen gefolgt ist, ebenso.
Klar. Aber davon kann man ja nicht grundsätzlich ausgehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele eher über „Have you in my wilderness“ ihren Weg zu Julia Holter gefunden haben, ein Album, das für ihre Verhältnisse enorm zugänglich, melodienorientiert und an Songs klar umrissen ist („Vasquez“ und mit Abstrichen „Lucette“ mal ausgeklammert). Dagegen ist „Aviary“ doch eine deutlich sprödere Schönheit – man muss ein wenig Geduld haben und sich durch den mitunter abweisenden und flüchtigen Charakter der Tracks seinen Weg bahnen. Ich finde, das ist kein Album, dass man nach ein, zwei Durchgängen erschlossen hat – und das will es auch gar nicht sein. Ich finde, das merkt man schon am Opener – Julia Holter packt direkt den mitunter aufbrausendsten, dissonantesten Track des Albums an den Anfang. Stichwort Stimmungen: Das Album funktioniert für mich vor allem über die Bilder, die es erzeugt. Der Opener, in dem sich das Gekrächze in der Voliere verdichtet, vertont durch eine kraftvolle Klangkulisse, die auch auf einem Godspeed you! black emperor Album entstehen könnte. Das gigantische „Everyday is an emergency“, das zunächst klingt, als hätte Tim Hecker einen tragischen Verkehrsunfall mit seinen Mitteln vertont. Grelle Laute, Sirenen, Benommenheit, Stimmfetzen, alles zu einer Wand aus Klang zusammengeschmolzen – und dann die Auflösung, wie sich aus dieser Betäubung heraus eine kraftvolle Klaviermelodie herauslöst und die zweite Hälfte des Tracks einläutet. Einer der intensivsten Momente des Albums. „Les jeux to you“, das irgendwie ein wenig zum Regina Spektor Momentum von Julia Holter wird – hat mich erst etwas irritiert, mag ich mittlerweile aber umso mehr (der Track hat generell viel Schwung und eine angenehme Leichtfüßigkeit).
Favoriten bisher: „I would rather see“, „In garden’s muteness“, „Words I heard“, „Everyday is an emergency“, „Voce Simul“.
--
Hold on Magnolia to that great highway moon