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Ragged GloryDas ist ein Satz, der vorne und hinten nicht passt.
Ich kann mir vorstellen, dass er Dir nicht gefällt, aber er stimmt. Das ist eine Gruppe voller Eitelkeiten und Eifersucht, die sich genau beoabachtet. Da darf man nicht das Falsche gut finden, sonst verliert man (Ansehen).
Ich darf Dir aus eigener, jahrelange Erfahrung versichern, dass Bemusterung korrumpiert; sie ist die popkulturelle Variante des Sinnspruches: Was nichts kostet, ist nichts wert.
Insofern ist „Übersättigung“ keine Verunglimpfung, sondern eine weitere Tatsache. Du wurdest mit Publikationen in der Hoffnung auf Veröffentlichung geflutet. Und daher ist es logisch, dass dir in der Flut das Ungewöhliche eher auffällt. Weiteres Motiv wäre, dass man das Trüffelschwein sein möchte, das das nächste Big Thing als erster gerochen hat.
BullittWer sich hier aus welcher vermeintlichen Gruppendynamik heraus genötigt fühlt Bestwertungen für „Odelay“ zu vergeben, werden wir wohl nicht feststellen können. Die Frage ist, wieso sollte das auch ausgerechnet bei diesem Album eine besondere Rolle spielen?
Wenn Du nochmal zurückgehst, wirst Du feststellen, dass Onkel Tom, Dr. Music und ich feststellten, dass wir „Sea Change“ deutlich besser finden als „Odelay“ (Wir hätten auch über „Mellow“ reden können, das war willkürlich bzw. zufällig.) D.h. Ausgangspunkt war, dass wir den Songwriter-Ansatz bei Beck lieber mögen als das Experimentelle.
Im Anschluss daran bot ich ein paar mögliche Erklärungen an, wie es dazu gekommen sein könnte, dass „Odelay“ so gut gesehen wird. Das war nicht konkret auf „Odelay“ gemünzt, und wenn es tatsächlich auch fast 20 Jahre später noch Leute gibt, die die Musik gern höre, dann freut es mich.
BullittTja nun, das ist ja nachweislich nicht der Fall. Die Platte war global ein kommerzieller Erfolg und Beck angesagter MTV-Star. Abgesehen davon ist „Odelay“ weit weniger sperrig, als du es hier andeutest. Von formalen Experimenten ohne Ergebnis kann doch überhaupt keine Rede sein. Das Album ist picke packe voll mit eingängigen in sich geschlossenen Tracks, die alles vorwegnahmen, was danach noch kommen sollte. Das Crossover der Musikstile spiegelt nicht nur den Zeitgeist, es hat auch selten besser funktioniert als hier. Die Annäherung an die musikalischen Vorbilder durch Samples wirkt auf mich zudem heute noch viel frischer als die ganze Armada gegenwärtiger Retro-Acts zusammen.
„Odelay“ war auch in meiner Erinnerung nicht so sperrig, sondern mehr, nun ja, „rumpelig“ (im Gegensatz zu „smooth“). Aber formal war der massive Sampling-Einsatz relativ neu, inspiriert vielleicht aus der Hip-Hop-Gemeinde (Inspiration nicht abwertend gemeint, die ist Grundlage jeder künstlerischen Betätigung).
Ich finde (auch dies generell gesagt), dass in der künstlerischen Kritik viel zu wenig beachtet wird, dass viele Experimente schief gehen und also nicht per se gefeiert werden sollten. Oder eben später nochmal überprüft.
Ragged GlorySelbst wenn seine Peer-Group-Theorie auch in der Praxis ausnahmslos zutreffen sollte, müsste man dann auch einige seiner Lieblingsplatten anzweifeln. Also ist das ganze ein Nullsummenspiel, das diskussionstechnisch nicht viel hermacht, wenn er nicht ganz konkret belegen kann, was uns denn unberechtigterweise so „Odelay“-hörig macht.
Allein die Tatsache, dass sich hier einige User für „Odelay“ einsetzen, müsste doch schon Beweis genug sein, anzuerkennen, dass es ihnen um die Platte (und ergo Qualität der Musik) gehen muss. Und nicht um reine symbolische Schulterklopferei. (Ich wüsste zudem nicht, dass wahr, Bullitt, Pinball W. oder Jan L. meine peers sind…)
Ich bin in keiner Bringschuld und muss daher nichts beweisen, aber gelegentlich auch seine eigenen Lieblingsplatten zu überprüfen, ist eine Idee. Ich stelle fest, dass manches Kanonisierte die Zeit nicht gut überdauert und heute kaum den Weg in den Kanon fände.
Ragged GloryZu seiner Behauptung „Einfach ist langweilig“ (damit er nicht wieder mault, man würde nur eines seiner Argumente herauspicken): Wollen wir mal eine Umfrage starten, welche „Odelay“-Fans auch Elliott Smiths „Either/Or“ oder Nick Drakes „Pink Moon“ lieben? Ich melde mich schonmal an.
Wieso „maule“ ich? Höchstens schreibe ich Sachen, die Dir nicht passen – und Dich dann zu dieser pampigen Wortwahl veranlassen. „Either/Or“ finde ich toll übrigens, all-time 100, tatsächlich deswegen, weil er da einer nicht sampelt, sondern höchstpersönlich – und sehr intim – Musik macht.
Herr RossiDie Entscheidung darüber liegt aber allein bei Sokrates …
Ach iwo, da kann jeder mittun.
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„Weniger, aber besser.“ D. Rams