Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Solokünstler › James Brown › Antwort auf: James Brown
@gypsy-tail-wind@friedrich Ich dachte schon, dass Dir das alles bewusst ist – auch einiges, was in den USA sonst so in Sachen Sozialpolitik grob verbockt worden ist, bis in die Clinton-Jahre, geht aufs Konto der Demokraten. Aber man weiss ja nie, wer hier noch so alles still mitliest.
Dass Solnit die grossen Fässer aufmacht, ist klar – aber wenn man was ins Rollen bringen will, ist das wohl nicht die dümmste Strategie. Ich will jedenfalls mal den einen oder anderen ihrer Essays lesen, aber das ist hier off-topic.
Im einzelnen wusste ich das nicht, d.h. weder der Begriff Southern Strategies noch dessen Bedeutung waren mir bekannt.
Ich habe den Wikipedia-Artikel kurz überflogen. Kurz gesagt könnte man das vielleicht so zusammenfassen: Die republikanische Partei hat gezielt rassistische Vorurteile bedient und eine Afro-Americans ausgrenzende und benachteiligende Politik verfolgt, um Stimmen von Weißen in den Südstaaten zu erlangen, die sich durch die zunehmende Emanzipation der Afro-Americans verunsichert oder bedroht fühlten. Bei den Afro-Americans war im Süden für die Republikaner sowieso nicht viel zu holen, diese Wählergruppe war relativ klein, viele waren nicht einmal als Wähler registriert, deswegen konnte man sie ruhig ausgrenzen. Stattdessen versuchte man den Demokraten die weißen Rassisten im Süden, die auch unter Wählern der Demokraten eine starke, zeitweise dominierende Kraft waren, abzujagen. Richard Nixon war einer der Protagonisten dieser Strategie.
James „Soul Brother No. 1“ Brown unterstützte aber ausgerechnet Richard Nixon, also nicht nur einen konservativen Politiker, sondern auch einen Politiker, der aus eiskaltem machtpolitischen Kalkül eine rassistische Politik vertrat.
Haarstäubend, nicht nur die Southern Strategy selbst, sondern auch das Verhalten von JB. Wie kann man nur! So abstoßend das Verhalten der Republikaner war, so ist es doch nachvollziehbar. Das Verhalten von James Brown ist aber eigentlich gar nicht zu erklären und scheint völlig absurd. Er unterstützte Nixon, nachdem er 1969 eingeladen worden war, bei dessen Amtseinführung zu spielen. Vielleicht fühlte er sich dadurch geschmeichelt? Vielleicht war er stolz, es bis ins Weiße Haus geschaft zu haben? Vielleicht war er so leicht verführbar? Auf jeden Fall ist verständlich, dass er damit bei der African-American Community durchfiel und sich viele Feinde machte. Hat er nicht anders verdient!
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)