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soulpope "Ever Since The World Ended, I Don`t Get Out As Much"
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friedrich
Aretha Franklin – I Never Loved A Man The Way I Love You (1967) Nachdem ich mich wochenlang mit James Brown beschäftigt habe, stöbere ich mal etwas im Plattenschrank nach weiterer black music der 60er / 70er. Dieses Album steht mit ein paar anderen AF-Alben schon eine Weile bei mir herum, ohne wirklich aufmerksam gehört worden zu sein. Wurde also höchste Zeit! Man kann sich bei James Brown darüber beklagen, dass er erst sehr spät im Album-Zeitalter ankam, eigentlich nie so richtig, sondern dass seine Alben meist Sammlungen von ein paar Hit-Singles und ansonsten Füllmaterial waren. Allerdings hat er auch oft mehrere Alben im Jahr veröffentlicht. Da bleibt es nicht aus, dass nicht alles Material erste Güte ist. Die beste Darreichungsform von JBs Musik ist daher i.d.R. auch die Compilation oder das Live-Album. Ich hatte auch vermutet, dass das Albumformat (á la Revolver, Pet Sounds in der white music) in der black music insgesamt spät ankam, vielleicht erst mit Marvin Gayes What’s Going On. Aber so richtig kenne ich mich damit auch nicht aus. Jedenfalls belegt I Never Loved A Man genau das Gegenteil. Ein sorgfältig produziertes Album mit durchgehend tollem Material. Das schwankt durchaus zwischen Liebesballaden, zupackendem R&B und einem Gospelstück (A Change Is Gonna Come), aber genau das ist ja auch das musikalische Spektrum von Aretha Franklin. Eine runde Sache. Und über allem thront die überwälttigende Stimme von Aretha Franklin. Respect! Die Zuckrigkeit des Covers entspricht in keiner Weise der Musik: <iframe src=“https://www.youtube.com/embed/6FOUqQt3Kg0?feature=oembed“ width=“500″ height=“375″ frameborder=“0″ allowfullscreen=“allowfullscreen“></iframe> Einen Aretha Franklin-Thread gibt es hier nicht, oder?
Die Genesis der Soulalben magst Du richtig sehen …. es ging ja vornehmlich um „lucky punches“ aka Hits und so ein solcher gelang baute man dann ein Album mit Füllmaterial (zumeist Coverversionen) drum herum …. darüberhinaus waren ja die lokalen Radiosender auf das Abspielen von 45ern konzentriert (um nicht zu sagen konzertiert) und die Jukeboxes hierauf konzipiert …. Aretha hatte zu diesem Zeitpunkt bereits 6 mehr oder minder erfolglose 6 Jahre mit Columbia – welche evidenterweise Nichts mit ihr anzufangen wussten – auf dem Buckel und so kam der Wechsel zu Atlantic nicht überraschend …. Otis Redding hatte ja das Wort für die männliche Soulgilde übernommen und so war es auch an der Zeit einen Königin zu küren …. der eigentliche Knaller war die Entscheidung Aretha mach Muscle Shoals in die FAME Studios zu verfrachten und sie dort dem künstlerischen Diktat von Rick Hall und der aus weissen Landeiern bestehen Kapelle zu überlassen ….
Der erste Tag ging super – Dan Penn und Chips Moman hatten „Do Right Woman – Do Right Man“ mit ins Studio gebracht und am Ende des Arbeitstages hatte man die epische Version von „I Never Loved A Man“ und eine halberte Aufnahme von „Do Right Woman“ im Kasten …. dann kam die grosse Stunde des Franklin Beischläfers Ted White, welcher rebellierte (gab es nicht genug Alkohol am Land ?) und schlussendlich Aretha zur Landflucht aus Muscle Shoals motivierte ….
Atlantic Mastermind Jerry Wexler hatte also 1,5 Songs und beschloss einfach einseitige Acetate mit „I Never Loved A Man“ an die Radiosender zu schicken …. der Song schlug ein wie eine Raket und die kommerzielle Nachfrage war enorm – dies war Druck genug auf das erfolgsgeile Franklin Lager und so gab Aretha (bzw ihr Umfeld) schließlich nach, das Album doch mit den Muscle Shoals Musikern – allerdings in New York – einzuspielen ….
Es entstand ein epochales Soulalbum und es sollte – trotz einiger trefflicher Folgealben – ein (der ?) Meilenstein in Aretha Franklins künstlerischen Schaffen werden. Der Beweis daß auch Soulalben Verkaufsrenner sein können belebte dieses Format ungemein und öffnete in Folge die Tür für Konzeptalben (für den weiblichen Soulpart von Millie Jackson in den 70ern auf den Höhepunkt getrieben – übrigens aufgenommen in …. Muscle Shoals ….).
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"Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit" (K. Valentin)