Antwort auf: Cecil Taylor

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gypsy-tail-wind
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clasjazWas hätte Neidlinger, andererseits, da noch machen sollen?

Entschuldige die unfertigen Sätze – dass jener zu Shepp dabei ist, ist wohl kein Zufall, denn ich rang auch mit mir, überhaupt so eine Aussage zu machen, und so bleibe sie also unfertig.

Was hätte Neidlinger anders machen sollen? Das ist ja immer die Frage, man ist irgendwo „drin“ und sieht aus der Perspektive gar nicht, was „draussen“ noch möglich wäre. Das ist auch nichts, was man jemandem vorwerfen muss … ich weiss auch nicht, welche Wege es gab bzw. welche Neidlinger damals kannte und welche im Rahmen von Taylors Musik überhaupt möglich oder willkommen gewesen wären – eine Reduktion vielleicht (Wilbur Ware), eine Erhöhung der rhythmischen und melodischen Agilität (Charles Mingus, wobei man den wohl nur im Gesamtpaket kriegen kann und das wiederum wäre bei Taylor nicht gut gegangen, vermute ich), oder auch – aber das geht dann wohl schon fast zum Anachronismus – eine Erweiterung der Spieltechniken. Bei letzterem denke ich natürlich an Alan Silva und sein Dilemma: da ist ja schon Henry Grimes (der diese ganzen Öffnungen brachte, ohne den „Fundament“-Job zu vernachlässigen), was mache ich hier überhaupt? Und dann spielte er all diese wunderbaren Flageolett-Sachen, die melodischen Einwürfe, sorgte für Erweiterungen der Klangskala usw. Aber vielleicht brauchte es dazu eben gerade das Hindernis (Grimes‘ Schon-da-sein) und dieses hatte Neidlinger ja auch nicht. Wie dem auch sei, ich will ihn niemand madig machen, ich mag ihn auch ganz gerne, auf den Master Takes der Candid Trios/Quartette hat er auch sehr feine Momente (die Jam-Session dort finde ich gerade angesichts der grossartigen Tracks, die Mingus und Dolphy mit Jo Jones und Roy Eldridge und Tommy Flanagan gemacht haben, ziemlich enttäuschend … letztere als Referenz dafür, dass so eine Kombination durchaus klappen kann, mit Taylor wäre das wohl auch möglich gewesen, aber da fehlt einfach das Feuer, irgendwie sind alle zu nett, und das betrifft dann eben auch wieder die Rhythmusgruppe, wobei Billy Higgins am Schlagzeug schon toll ist, aber halt die Dinge auch nicht so richtig ins Rollen bringt).

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