Antwort auf: James Brown

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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bullschuetzIch glaube, die Beobachtung zur Kleidung ist wichtig. Ich erinnere mich an eine Deutschlandtour Browns Mitte der 80er. Bekannte von mir waren schwer verstört von den weißen Hemden, schwarzen Anzügen und roten Schärpen auf der Bühne, auch von der straff organisierten und hierarchischen Anmutung, der Struktur von Herr und Diener im Verhältnis von Brown und seinem Ansager und seiner Band. Sie fanden das nicht cool, nicht gegenkulturell, nicht rebellisch, sondern reaktionaer, spiessbuergerlich, patriarchalisch. Aber das hat wohl mit grundstuerzend verschiedenen Lebenserfahrungen zu tun: Wer bürgerlich behütet aufwächst, findet Hippieklamotten cool, wer prekär, barfuß und in Fetzen aufwächst, für den ist „respectability“ ein emanzipatorischer Wert.

Ja, genau!

Niemals wäre JB mit Jeans oder unfrisierten Haaren in der Öffentlichkeit erschienen! Bei ihm galt ein ganz anderer dress code. JB führte auch gegenüber seinen Musikern ein rigoroses Regime mit Bestrafungen, wenn z.B. die Schuhe nicht poliert waren. Er war ein autoritärer Patriarch, der sich durchsetzen wollte. Seine Band war keine Kommune mit flachen Hierarchien oder so. Und: JB war Kapitalist. Kein Linker oder so, was man als in bürgerlichen Verhältnissen Aufgewachsener gern mit Popkultur assoziiert. Er wollte einen Black Capitalism, den er selbst als Geschäftsmann praktizierte – mehr oder weniger erfolgreich. Viele seiner business gingen Pleite (Radiostationen, Restaurants), nicht zuletzt deswegen, weil JB meinte, alles selber kontrollieren zu müssen, ihm aber jegliches betriebswirtschaftliche Wissen fehlte. Steuern zahlen? Wieso? Möglicherweise hatte JB nicht mal ein Bankkonto, stattdessen trug er das Geld in bar mit sich rum oder vergrub es im Garten.

Aber für ihn zählte der Wille und der Versuch, es zu schaffen. Dass nicht alles geklappt hat – dumm gelaufen. Als Black American sah er sich da aber als Pionier und Vorbild. Edit: Das war JBs Interpretation von Black Power.

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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)