Antwort auf: The Sound of German HipHop

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irrlicht
Nihil

Registriert seit: 08.07.2007

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nicht_vom_forum Hier verwechselst Du m. E. Ursache und Wirkung. Schließlich haben Kollegah und Farid Bang beschlossen, dass sie die bei einem Majorlabel und im Mainstream mehr Geld sehen als wenn in der „Szene“ bleiben. Der Echo wird ja auch nicht zwangsverliehen. Damit geht dann eben einher, dass sich Leute mit den beiden beschäftigen, denen HipHop sonst herzlich egal ist (und das übrigens mit Recht. Wie wir an anderer Stelle schon oft analog festgestellt haben, beinhaltet Kunstfreiheit nicht den Schutz vor negativer Kritik – egal wie gut oder schlecht fundiert diese Kritik auch sein mag). Die Wahrnehmung, dass sich ein ahnungsloser Mainstream-Mob jetzt unprovoziert an einer unverstandenen Szene abarbeitet, ist jedenfalls falsch.

Das stimmt sicher. Aber das ist ja das Problem: Kollegah ist nicht die HipHop Szene, Kollegah und Farid Bang sind auch nicht die Aushängeschilder von Gangsta Rap. Das behaupten allenfalls Leute, die die Szene übers Radio mitverfolgen. Der Rest halt nicht. Ansonsten ist HipHop, zumindest manche Ausläufer, in der Popkultur längst angekommen oder gar direkt Pop geworden. Die Entwicklungen der letzten ein, zwei Jahre (in Deutschland) führen ja eher zur Dada-Herangehensweise, zum überironischen Biedermaier und zu seichter Einfalt. Eine Art Neue Deutsche Welle im Camp, wo es immer weniger um street credibility geht, sondern um Dancehall, Dekonstruktion und DIY-Marketing von der Cloud aus.

Ansonsten bin ich wieder bei den Antilopen: Bei so einer schmierigen Veranstaltung wie dem Echo wäre ich nichtmal aufgetaucht. Aber da hilft de beste Distinktion nicht: Leute wie Kolle sind vom Grundmindset eben Almans, Spießer noch dazu. Die stehen für gar nichts, außer für sich selbst.

Mangelnde Szene- und Detailkenntnis ist übrigens auch kein besonders stichhaltiges Argument gegen inhaltliche Kritik. Ich kann den Reichsbürgern problemlos Legitimität und Zurechnungsfähigkeit absprechen, ohne mich mit deren innerer Logik im Detail auseinanderzusetzen.

Ist für mich kein sonderlich schlüssiger Vergleich. HipHop ist, vor allem in den Staaten, sicher eine mächtige, auch durchaus politische Bewegung, ich tue mir aber schwer, das mit dem Reichsbürgertum zu vergleichen (!). Das eine ist eine kulturelle, künstlerische Strömung, das andere eine sich absondernde politische, oft klar von Rechtsextremen unterwanderte Szene, wo es zu keiner Zeit um Einheit, sondern primär um Eigennutzen geht. Dazu kommt, dass die Grundannahmen des Reichsbürgertums ja schon in sich nicht schlüssig sind – aber was sollen die Grundannahmen und Werte von HipHop sein? Nutten und Koks sind es jedenfalls nicht.

@choosefruit:

„Sag ruhig, Du bist Skater, aber das kannst Du mir nicht erzählen.
Du hast einen Thrasher-Pullover, das haben wir alle gesehen.
Du weißt, den tragen nur Poser. Ein Skater würde das nicht nehmen.
Du hast einen Olli gelernt und dir dann diesen Hoody gekauft um den
Leuten zu zeigen ‚Man, schaut mal ich skate! Schaut mal ich skate! Schaut mal ich skate‘
Ey, fick doch dein Leben“

Tourist.

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Hold on Magnolia to that great highway moon