Antwort auf: The Sound of German HipHop

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downstroke

Registriert seit: 19.04.2018

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Eben die ARD-Doku geschaut: Ich finde es schon erstaunlich, mit welcher (gespielter?) Naivität und Gedankenlosigkeit die zu Wort kommenden Protagonisten sich rechtfertigen. Tenor (war ja hier auf den letzten Seiten auch öfter zu lesen): Diese Ausdrucksformen und Inhalte (Frauenfeindlichkeit, Homophobie, Gewaltverherrlichung, Antisemitismus) seinen nun einmal Stilmerkmale dieser Art von Rap. Wer das nicht versteht, checkt halt nix.

Ok, so kann man natürlich auch die Texte jeder Fascho-Bands entschuldigen: Auch die besingen ja lediglich ihre Lebensrealität, wenn sie „Ausländer raus“ fordern oder „Türken klatschen“ wollen.

Alles ok? Ist halt so in dem jeweiligen Genre?

Was mir neben den Inhalten bei den sogenannten „Gangsta-Rappern“ wie Kollegah, Farid Bang, Azat, Haftbefehl usw. auf den Pinn geht, ist die handwerklich so schlechte Machart. Bei einem Musikstil, bei dem die Sprache derart im Mittelpunkt steht, sollte man doch ein Mindestmaß an Talent im Umgang mit Sprache und Reimformen haben. Was da aber gereimt und an Sprachbildern/Vergleichen „kreiert“ wird, ist einfach schlecht.

Und es ist immer dieselbe Leier: Schlampen ficken, mit Waffen rumposen, Drogen verticken, das harte Straßenleben in der Bronx von Offenbach, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg …

Verglichen damit sprudelt ja sogar das Thrash- oder Death-Metal-Genre über vor Themenvielfalt. Von der handwerklichen Qualität der Texte mal ganz abgesehen … Im Vergleich zu Kollegah & Co. müssen Slayer wohl als große Poeten gelten. Napalm Death sowieso.

Aber letztlich habe ich mit Kollegah und Farid Bang gar kein Problem: Die machen halt, was sie können. Bzw. nicht können. Das müsste niemanden jucken, wenn wir von einem Nischenphänomen sprechen würden. Anders als früher aufgrund ihrer Texte skandalisierte Genres wie Punk, Thrash-, Death- und Black-Metal, die über ein Nischendasein nie heraus kamen, ist diese Art von „Deutsch-Rap“ komplett im Mainstream angekommen.

Und das finde ich, der als Student in den 90ern für genau die Gruppen auf die Straße gegangen ist, die jetzt in solchen Texten bleidigt, beschimpft und herabgewürdigt haben, schon heftig, was da plötzlich wieder salonfähig ist und von so vielen Kids „gefeiert“ wird. Ich tue mich schwer mit der These, dass es keinen Einfluss auf das eigene Verständnis von Frauen oder Schwulen hat, wenn man sich permanent diese Texte reinzieht.

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