Re: Böhse 0nkelz, Loreley am 18.07.2003

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Registriert seit: 08.07.2002

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Nun meld ich mich doch noch mal zu Wort. Bin in Mecklenburg aufgewachsen und hab miterleben müssen, wie in den Jahren unmittelbar nach der Wende ein Rechtsruck bei den Jugendlichen stattfand, der für mich bis heute nur schwer nachzuvollziehen ist. Ich weiß nicht, aus welchen Ecken und Kellern der braune Mief kam, aber er war unglaublich schnell da und er griff rasend um sich. Gut, wer bei „normal“ gebliebenen Freunden Deckung und Rückhalt fand. Es drifteten Leute in die rechte Szene ab, die noch Wochen zuvor ihre Kreuzzug ins Glück-T-Shirts trugen. Dabei fand ein regelrechtes Abwerben statt. Den Soundtrack zu allem lieferten die Onkelz, ob aus dem Walkman, ob aus Autos, ob aus dem Ghettoblaster vorm Supermarkt oder auch nur als Schriftzug auf den Schultischen. Ihre Musik war allgegenwärtig, wo immer man Lonsdale-Shirts, Tarnfleckenhosen, Springerstiefel samt weißen Schnürsenkeln usw. sah. Dass es auch andere Menschen gibt, die mit den Onkelz was anfangen konnten, so ganz ohne rechtes Gedankengut oder rechte Vergangenheit, habe ich erst Jahre später erfahren – durch jemanden, der damals lange Zeit im Ausland zugebracht hatte und dem das Wissen um den rechten Bezug der Onkelz schlichtweg fehlte. Er trat diesbezüglich völlig wertfrei an deren Musik heran und interpretierte die Texte eben nicht in die rechte Richtung. Doch selbst er gibt zu, dass das Auftreten der Onkelz, dass deren Texte eben viel Freiraum für Spekulationen zulassen.

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Ich brachte meine Vergangenheit im Handgepäck mit. Ihre lagerte irgendwo im Container-Terminal. Als sie ging, benötigte ich einen Seemannssack.