Startseite › Foren › Über Bands, Solokünstler und Genres › Eine Frage des Stils › Über die Klasse der Klassik › Ich höre gerade … klassische Musik! › Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!
clasjazFalsche Töne finde ich gar nicht schlimm, wenn die Musik da ist. Dass sie es ist, unterstelle ich Pollini trotz meiner persönlichen Zweifel ohne Zögern. Aber für die Spieler selbst, Pollini, noch nicht Hawkins, dürfte es eigenartig sein, wie der Körper sich verselbstständigt. Wie mag es dem späten Cortot ergangen sein? Das war immer noch von solcher Wucht, dass ich falsche Töne – vielmehr falsche Tasten – immens suchen müsste. Auch so ein Mirakelenigma. Danke für den Bericht. Was Du allerdings im letzten Satz zum Chopinhämmern von Pollini sagst, lässt neurologisch bedenkliche Gedanken zurück. Hoffen wir das nicht.
Ich bin da nicht firm im Urteil, der Bewertung … Hawkins, der Pollini seit Jahren verfolgt, seine Aufnahmen gut kennt (die Schumann’schen „Gesänge der Frühe“ sind wohl in der Tat bemerkenswert, eins der angeblichen „Wahnsinnswerke“, eines, das die üblichen verdächtigen allesamt nicht spielen, das fast nur im Rahmen von Gesamteinspielungen, z.B. bei Demus, zu finden ist), meinte, nachdem ich ihm die Situation geschildert habe, er stelle sich grauenvoll vor für einen Pianisten, dem technisch schlicht alles gelang, alles möglich schien, wenn er im Alter merken müsse, dass dies nicht mehr gegeben sei. In diesem Sinne schien es eher ein Insistieren zu sein, ein Kampf (Du kennst das bestimmt: ein Wort, dass man über Jahre stets richtig getippt hat, und man hat ab einem bestimmten Tag immer wieder denselben Buchstabendreher drin? Oder bist Du kein Schnelltipper, ich weiss das ja gar nicht?), dem er sich aber entschlossen stellte. Dass dann eben die a-Moll-Etüde wiederum einwandfrei gelang, war dann aber auch der Beweis, dass da an sich alles in Ordnung ist. Bei einem so ansprechenden Programm ist das alles wohl auch eine Frage der Konzentration, aber auch da mag ich nicht urteilen, Pollini schien jedenfalls sehr konzentriert und mit grosser Ernsthaftigkeit zur Sache zu gehen. Aber gerade bei den Zugaben, wo der (selbst auferlegte, aber natürlich von den Erwartungen bestimmte) Druck einmal weg war, schien er fast befreit und da gelang dann eben auch wieder alles. Wobei Gelingen und Misslingen eigentlich ganz falsche Kategorien sind, es misslang ja nichts an dem Abend, es gab halt ein paar Fehler, ein paar gestreifte oder verpasste oder verpatzte Töne.
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #166: First Visit: Live-Dokumente aus dem Archiv von ezz-thetics/Hat Hut Records - 14.10., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba