Antwort auf: Konzertimpressionen und -rezensionen

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gypsy-tail-wind
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Zürich, Tonhalle-Maag – 20.03.2018
 
Delphine Galou
Alt
Accademia Bizantina
Ottavio Dantone
Cembalo, Orgel und Leitung

Giovanni Lorenzo Gregori Concerto grosso D-Dur op. 2 Nr. 2
Alessandro Stradella Et egressus est a filia Sion
Arcangelo Corelli Concerto grosso D-Dur op. 6 Nr. 4
Claudio Monteverdi Ego flos campi SV 301
Claudio Monteverdi Arie „Jubilet“ aus „Selva morale e spirituale“

Nicola Antonio Porpora In procella sine stella
Francesco Saverio Geminiani Concerto grosso e-Moll op. 3 Nr. 3
Niccolò Jommelli „Prigionier che fa ritorno“ aus „La Betulia liberata“
Antonio Vivaldi „Agitata infido flatu“ aus „Juditha Triumphans“ RV 644

 

Sehr beeindruckend das gestrige Konzert mit Delphine Galou. Sie verfügt über eine richtige Altstimme („a true contralto“ würde man auf der Insel sagen), tief und voll, sehr farbenreich. Galou singt die heftigsten Koloraturen mit faszinierender Leichtigkeit und vollständiger Kontrolle. Den Wechsel in die hohe Lage bewerkstelligt sie völlig ohne Bruch. Wahnsinnig toll fand ich die Kantate von Porpora, mi der es nach der Pause weiterging. Die zwei Arien von Monteverdi fielen etwas heraus, weil die Musik schlichter und vor allem im Charakter zurückhaltender ist. Die Programmankündigung (Monteverdi und seine Nachfolger) war aber sowieso einigermassen Unsinn.

Dass Herr Dantone und Frau Galou auch im Leben abseits der Bühnen zusammengefunden haben, wundert irgendwie gar nicht, wenn man sie nebeneinander auf der Bühne sieht – denn da passt wirklich alles, das kleine Ensemble (6 v, 2 vla, 2 vc, 1 b, 1 theorbo, 1 hps/org) ist bestens aufeinander abgestimmt und agiert auch mit Galou in völliger Übereinstimmung. In der ersten Konzerthälfte packte mich das Geschehen noch nicht so ganz, Stradella und Corelli in der Mitte waren das beste, Monteverdi hätte ich wohl lieber in anderer Konstellation (Kirche statt Konzertsaal und/oder reines Monteverdi-Programm) gehört, auch wenn die Darbietungen fraglos sehr gut waren. Nach der Pause blieb mir aber schon bei Porpora öfter fast das Maul offen stehen, das instrumentale Stück von Geminiani war danach perfekt, um Luft zu holen für den Abschluss, den Galou mit den beiden Stücken bestritt, die auf der CD („Agitata“, alpha) den Auftakt machen, an diesem Punkt hatte sie wenigstens das Liebhaberpublikum in den vordersten Reihen längst in der Hand … was natürlich auch mit ihrer tollen Bühnenpräsenz zu tun hat. Galou umschmeichelt zugleich Publikum, Orchester und ja: die Melodie, die Musik an sich. Eine phantastische Zugabe folgte dann auch noch und halbwegs ungläubig ging es heraus in den leisen Schneefall …

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