Re: Wir sind Helden: Die Reklamation

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latho
No pretty face

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Entschuldigt, aber: Wenn man angeblich überall nachlesen kann, was die Autoren sagen, dann brauchen wir doch GAR NICHTS mehr zu interpretieren, oder?
Und wenn im Wir sind Helden-Konzert 500 Leute „Wir können alles schaffen…Wir müssen nur woll’n“ mitsingen, dann ändert ein ironischer Schlenker in der Strophe doch nichts daran, was ein solches Lied transportiert. Die „Protest“-Dimension in vielen Liedern der Band ist deutlich und auch so beabsichtigt. Dumm und einseitig sind sie ja deshalb nicht. Hab ich auch nicht behauptet.

Das mit der Interpretation ist schwierig. Entweder man sieht Texte (das Wort stellvertretend für Geschriebenes, Gemaltes, Gefilmtes, Gesungenes etc) als eigene Einheit, als etwas nach ihrer „Erschaffung“ Losgelöstes, die quasi ihr eigenes Leben führen, fast ein bisschen wie ein Lebewesen (ohne sicher zu sein: Struktualismus und Post-Struktualismus macht es doch so?). Dann zählt nur die eigene Interpretation. Dann zählen allerdings auch gröhlende Fans nicht mehr… Die andere (übertrieben dargestellte) Methode wäre, kein Werk zu besprechen, ohne nicht Hintergrund-Info zu den „Objekten“ der Kritik zu bekommen (da würde ich mal, unwissend wie ich bin, W. Doebeling ansetzen). Letzten Endes halte ich mich dabei lieber in der Mitte: ein Song muß ohne Erklärungen auskommen können – Hinweise des/r Autor/in sind ein willkommener Zusatz, die die eigene Meinung/Kritik überprüft.
Im Falle der Helden muß ich allerdings sagen, daß die Ironie für mich auch in „Müssen nur Wollen“ ziemlich offen lag:

Muß ich immer alles müssen was ich kann
Eine Hand in den Sternen
die andere im Hintern vom Vordermann?
Das ist der Land der begrenzten Unmöglichkeiten
Wir können Pferde ohne Beine rückwärts reiten
Wir können alles was zu eng ist mit dem Schlagbohrer weiten
Können glücklich sein und trotzdem Konzerne leiten

(Popliteratur oder nicht, CCC, das finde ich schon witzig und damit auseinandersetzenswert)

Ist vielleicht Joachim Hentschel in die „Born in the USA“-Falle getappt (ohne böse Motive zu unterstellen, schließlich kann ich verstehen, daß man den Text anders auffassen kann)?

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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.