Antwort auf: Ich höre gerade … klassische Musik!

#10392553  | PERMALINK

Anonym
Inaktiv

Registriert seit: 01.01.1970

Beiträge: 0

soulpope Dieser nüchterne Blick auf die Brahmschen Balladen öffnet die Wolkendecke zum Firmament ….

So ist das wohl. :good: Ich habe etwas gebraucht, bis mir überhaupt diese spröden Balladen nahekommen konnten, mit dem etwas raffinierten Umweg über Gould ist es mir dann gelungen und Benedetti Michelangeli spielt hier mal wieder so, als könne es keine Zweifel geben.

Von Benedetti Michelangeli hätte ich jetzt gerne Schumanns C-Dur-Fantasie, die ich gestern und heute mit folgenden Vorschlägen gehört habe:

Mit Curzon habe ich die Fantasie kennengelernt – ein echtes Sammelsurium an motivischen Wandlungen, so als seien Brüche eigentlich Brücken, die tragen, wenn man nur schnell genug hinüberläuft. Und Curzon, dachte ich, hätte den großen Eleganzbogen gefunden, hat er womöglich auch, aber das scheint mir inzwischen nicht genug.

Bolet, ich wundere mich fast, begnügt sich über zwei Drittel mit artistischer Zurückhaltung – auch ’ne Kunst, aber wenn ich eine Kunstreiterin sehen will, lese ich rasch Kafka -, bevor er dann ungewöhnlich leise im dritten Satz wird. Das dürfte Absicht sein, die mich oder mein ZNS wieder versöhnt.

Kempff … Er geht wie ein Ober durch das Stück und wischt alles sorgfältig sauber, bloß kein Staub, aber dabei keine Eile. Die Kreisleriana muss ich dann nach diesem doch etwas gefestigten Eindruck über die Jahre wiederhören. Kempff bleibt mir wohl fremd.

Bleiben die, die im Ergebnis gleichermaßen die Augen aufsperren, wenn auch mit ganz andren Mitteln oder Netzhäuten. Anda und Fischer. Wie soll ich sagen, Anda geht durch die Fantasie wie mit einem wohlpräparierten Stock, dreht jedes Blatt in Windeseile um, obwohl er sich dabei Zeit lässt. Aber es gilt, alles zu sezieren. Annie Fischer hat von Beginn an ganz andere Flausen im Kopf – nämlich eine Hymne, die es nicht zu bekritteln gilt. Und deshalb ist der dritte Satz wohl die schlicht-ernsteste Darreichung unter diesen hier gerade vorhandenen Aufnahmen. Bezeichnend allerdings, dass sie sich doch aus der Ruhe heraus etwas mehr aufregt als Anda; kein Wunder, er hat die Nervosität ja gleich gewählt.

Aber dieses unentscheidbar bleibende Spiel ist wohl Schumann – er schert ständig aus, wenn man nur irgendwie beseite gehen kann: sucht er dort den Weg. Im Großprojekt dieser Fantasie zumindest.

--