Re: Kraftwerk

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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Go1Wundert mich, dass Du das so wahrnimmst, Friedrich. Ich kann an diesen (brillianten) Texten nichts Naives finden. Ich verstehe auch das „aus heutiger Sicht“ nicht. Diese Texte wirken heute genauso wie 1977 oder wie sie im Jahr 2060 wirken werden. Mir kommen sie jedenfalls ziemlich zeitlos vor. (Trans Europa Express gehört zu meinen Lieblingsalben, nebenbei bemerkt.)

Naja, den Text von Autobahn finde ich ja sogar ziemlich gut, weil er die Autobahn so treffend beschreibt: „Die Fahrbahn ist eine graues Band / Weiße Streifen, grüner Rand“ – die deutsche Autobahn sieht überall gleich aus. Gleichzeitig hat das aber auch in seiner Einfachheit und mit diesen Reimen etwas von einem Kinderlied. Auf Radioaktivität oder TEE gibt es dann aber Texte, die ich schon arg schlicht finde. „Drehen wir am Radiophon / Vernehmen wir den Sendeton / Durch Tastendruck mit Blitzschnelle / Erreichen wir die kurze Welle“ klingt schon sehr nach Kinderlied und „Sogar die größten Schtars (sic!) / Endecken sich selbst im Spiegelglas“ klingt für mich nun auch nicht gerade nach großer Weisheit.

Ich finde das wird auf den späteren Alben besser. Am liebsten sind mir jedoch die Kraftwerk-Stücke, deren Text aus nur einem Wort besteht („Meeetrooopolis“) oder rein instrumental sind. Letzteres finde ich bei der demonstrativ elektronisch erzeugten und unpersönlich wirkenden Musik von Kraftwerk eigentlich am konsequentesten.

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)