Antwort auf: James Brown

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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bullschuetzDie Autobiographie finde ich interessant, aber es ist wie bei Miles Davis, Bob Dylan und vielen anderen: eine unzuverlässige Quelle und, wie Du schreibst, oft genauso aufschlussreich durch das, was fehlt, wie durch das, was vorkommt. Der Tonfall ist seltsam, teilweise irgendwie staatsmaennisch, dazu dieses „Mr. Nathan“ hier, „Mr. Nathan“ da. Für mich liest sich das wie der Text eines Mannes, der versucht, die Kontrolle zu bewahren und das Chaos, die Abgründe, die Einsamkeit seines Lebens im Zaum zu halten. Insofern: ein Text, der dazu einlädt, zwischen den Zeilen zu lesen.

Sehr schön auf den Punkt gebracht, bullschuetz! An die Miles Bio erinnere ich mich nicht mehr so recht, Dylans Chronicles sind offensichtlich bruchstückhaft und springen in meiner Erinnerung auch chronologisch beliebig hin und her. Da erwartet man gar kein vollständiges Bild. Bei JB hatte ich aber den Eindruck, dass der Mann sich als die Person darstellt, die er gerne gewesen wär. Was ihm aber nur unvollständig gelingt.

„Mr. Nathan“ ist Syd Nathan, der Gründer und Boss von King Records (JBs Label in den 50ern und 60ern), selbst wohl ein sehr ehrgeiziger und wenig zimperlicher Charakter. Mit dem hat JB sich wohl immer wieder gefetzt – hatte dann aber gemeinsam mit ihm Erfolg. Offenbar hatten sich da zwei ideale Sparringspartner gefunden. JB scheint sich gerne mit den wirtschaftlich Erfolgreichen zu umgeben, aber das Allergrößte ist für ihn wenn er mit den politischen Machthabern verkehrt. Vize-Präsident Humphrey und sogar Präsident Nixon. Da hat man das Gefühl, JB ist da angekommen, wo er hin will.

bullschuetzHab jetzt nochmal nachgeschaut: In meiner Ausgabe fehlen die Gastbeitraege von Sharpton und Hunter, dafür gibt es bei mir ein lesenswertes Nachwort von David Marsh.

Meine Ausgabe hat zwei Einleitungen, ein Vorwort, einen Epilog und ein Nachwort. Und in meiner Erinnerung stellen alle die Frage: Wer war JB wirklich?

zuletzt geändert von friedrich

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)