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James Brown – Godfather Of Soul (1986/1997/2014 …)
Ein Mann will nach oben – Teil 2
JB‘s Autobiografie eilt nach seinem Durchbruch 1963 im Staccato von Erfolg zu Erfolg.
Die Venues der JB Show werden immer größer, JB schafft den Sprung zum weißen Publikum und er zieht aus dem Süden in den Norden nach NYC. Aus dem Cadillac, mit dem er von Show zu Show reist, wird ein Lear Jet. JB tritt in Europa auf, JB kauft den Radiosender, vor dessen Tür er als Junge Schuhe geputzt hat. Nebenbei gibt es die Trennung von seiner damaligen Lebensabschnittspartnerin Denise.
JB ist jetzt in den 30ern und bekommt körperlich zu spüren, was das Leben als ständig tourender Entertainer ihm abverlangt. Um den Flüssigkeitsverlust nach Shows auszugleichen, lässt er sich eine intravenöse Kochsalzlösung legen.
Die „Rassenfrage“ spitzt sich in dieser Zeit zu, die USA verwickeln sich in den Vietnamkrieg. JB bekennt zwar, dass er nie an einer politischen Wahl teilgenommen hat, er sieht sich als erfolgreicher afro-american aber als Vorbild und spokesman der black community und scheint beim politischen establishment ein und aus zu gehen. Das zeigt sich auch in seiner Musik. Emblematisch dafür ist Say It Loud, I‘m Black And I‘m Proud, das aber wiederum Teile des weißen Publikums verprellt. Unmittelbar nach der Ermordung von Martin Luther King im Jahr 1968 lässt er in Boston in Absprache mit dem Bürgermeister eine seiner shows live im Fernsehen übertragen, damit die black community vor dem Fernseher sitzen bleibt statt auf die Straße zu gehen und dort sich selbst oder andere in Gefahr bringt – die ihm dadurch entgangen Eintrittsgelder lässt er sich danach aber ersetzen.
JB ist in Europa, in Asien, spielt für die GIs in Vietnam. 1968 nimmt er ein zweites Live-Album im Apollo auf, ein Doppelalbum, das auch wieder ein großer Erfolg ist. Und JB trennt sich von den Famous Flames, der Gesangsgruppe als deren Mitglied er angefangen hatte. Knappe Erkärung: Sie konnten gut tanzen, aber eigentlich nicht besonders gut singen.
Kein Zweifel, JB ist Soul Brother No. 1.: Amerikas erster Black Superhero!
Die Knappheit, in der JB viele Ereignisse seines Lebens schildert und wie er die Schwerpunkte setzt, Persönliches meist nur nebenbei erwähnt, während er seinem „Geschäft“ und seiner Erfolgsbilanz weit mehr Raum einräumt, lässt den Leser fast zwangsläufig zweifeln, ob das denn die ganze Wahrheit ist und fordert Interpretationen und Spekulationen geradezu heraus. Wovon spricht er eigentlich: Vom Menschen James Brown oder vom „Geschäft“ James Brown?
Der Soundtrack hierzu ist Foundations Of Funk – A Brand New Bag : 1964-1969. @gypsy-tail-wind hat diese Compilation ab hier schon dokumentiert und auch ich hatte mich dazu schon gäußert. Aber noch mal: 27 Tracks aus 5 Jahren, 150 min Laufzeit und damit ungefähr das Equivalent von 4 Alben – und das sind nur die Höhepunkte aus dieser Zeit! Aber sie zeichnen eine aberwitzige Entwicklung in JB‘s Musik. Von noch relativ konventioneleln Stücken mit Songstruktur (Strophe, Refrain …) führt das zu Tracks, die in kleinste elektrisch aufgeladene Partikel zerlegt werden, die rhythmisch so raffiniert und scharf akzentuiert werden, dass sie über teils fast 10 min wie unter Strom zucken. Der Beitrag von James Brown als Sänger geht dabei eigentlich immer weiter zurück, manchmal bestehen die lyrics ja fast nur noch aus dem Songtitel, oft kreischt und ächzt auch nur noch. Er wird immer mehr zum Stichwortgeber und Antreiber seiner Band.
Man könnte das als eine Form von Primitivismus abtun, ohne damit den Kern zu treffen. Man könnte auch von Minimalismus sprechen. Oder man könnte es klischeehaft als den organisierten Wahnsinn bezeichnen. Aber irgendwie stimmt das auch, es ist die präzise Hysterie und sicher liegt in diesem Paradox auch ein Teil des Reizes. In jedem Fall hat die Musik eine einzigartige Intensität, Druck und Dynamik, Sturm und Drang, strahlt so viel Selbstbewusstsein und Kraft aus, dass man sogar selber glauben möchte: JB kann wirklich alles!
Hatte ich wohl schon mal gepostet, aber kann man ruhig noch mal hören:
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)