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Anonym
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cloudyWie ja schon per PN gesagt, habe ich mir keine Tickets besorgt. Warst Du denn jetzt hin? Könntest Du dann hier mal Deine Eindrücke posten? Hat Clementine in erster Linie das neue Album vorgestellt oder auch sein Debut, das so fantastisch war / ist?
Sorry, bin die ganze Zeit nicht dazu gekommen. Wollte mich aber noch melden.
Ich habe vor dem Konzert ein Foto der Setliste gemacht, die am Mischpult lag – ich kannte ja bis zu dem Konzert gar nichts von Clementine und bin nur aus Neugierde ganz kurzfristig hingegangen. Die beiden Alben habe ich mir erst hinterher zugelegt. Ich kann sicher sagen, das sich der Künstler nicht an die Setliste gehalten hat – kann sein, dass er die meisten Songs davon gespielt hat, aber sicher nicht in der Reihenfolge. Auf der fotografierten Setliste sind folgende Songs aufgeführt:
Farewell Sonata
God Save the Jungle
Calaisfornia
Better Sorry Than a Safe
Phantom of Aleppoville
One Awkward Fish
Jupiter
Paris Cor Blimey
By the Ports of Europe
Quintessence or Barefoot Flower
Ave Dreamer
Cornerstone
London
Condolence
The Great Lafayette
Ich hatte vorher nur gelesen: Erstes Album großartig, zweites Album schwierig und avantgardistisch – aber ich finde, dass beide Alben sich weit weniger stark unterscheiden als von mir erwartet. Während des Auftritts hätte ich z.B. „Jupiter“ eher dem ersten und „Condolence“ eher dem zweiten Album zugeordnet .
Insgesamt kann man den Auftritt am besten mit dem Wort eigenwillig zu beschreiben. Das fängt schon an mit dem Bühnenbild: 13 nackte, weiße Schaufensterpuppen stehen auf der Bühne, ausschließlich Kinder und schwangere Frauen. Immer wieder spricht Clemetine an dem Abend über die Entfremdung in unserer Gesellschaft, wobei er das englische Wortspiel vom Fremden und Außerirdischen also vom „Alien“ verwendet. Eigenwillig sind sicher die minutenlangen Versuche, das Publikum zum Singen zu bewegen – bei „Condolence“, noch merkwürdiger die Tatsache, dass er jede einzelne Puppe auf der Bühne vorstellt (Alien No. 1, Alien No. 2 usw. bis No. 13). Aber wenn man gerade denkt, wo bin ich hier eigentlich gelandet, fängt er an zu singen und versetzt einen in einen fast schon spirituellen Zustand. Die Frage ist für mich, ob Clementine nicht zu eigenwillig und sonderbar ist, um dauerhaft kommerziellen Erfolg zu haben. Das sehr gemischte Publikum in der Luxemburger Philharmonie schwankte immer wieder zwischen Irritation und großer Begeisterung. Am Ende gab es jede Menge stehenden Beifall und eins ist sicher: wenn ich die Liste meiner Konzerte der letzten zehn oder 15 Jahre durchschaue, stelle ich fest, dass ich mich an viele nur sehr bruchstückhaft erinnern kann. Der Auftritt von Clementine wird ganz sicher auf lange Zeit präsent bleiben. Er hat es geschafft mich hundert Minuten lang wirklich konzentriert zu fesseln. Es gibt immer wieder Auftritte, bei denen ich merke, wie ich abschweife, ganz besonders wenn ich am Ende meines Arbeitstages noch anderthalb Stunden fahren muss um den Auftritt eines Künstlers wahrzunehmen. Bei Clementine war man die ganze Zeit gespannt, was als Nächstes passieren wird. Und das darf man als großes Lob betrachten. Ich würde sofort wieder hingehen und finde beide Alben brillant, „I tell a Fly“ ist vielleicht sogar das beste Album 2017 für mich persönlich.
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