Antwort auf: 03.12.2017

Startseite Foren Das Radio-Forum Roots. Mit Wolfgang Doebeling 03.12.2017 Antwort auf: 03.12.2017

#10341993  | PERMALINK

snowball-jackson

Registriert seit: 09.11.2008

Beiträge: 3,172

Glückwunsch zu 1500. Sendung!

Von der radio eins website. Zur Diskussion freigegeben (nail75?):

1500 Sendungen Roots – was für eine Zahl! Ich als Hörer der ersten Stunde frage mich aber immer öfter, worin der Sinn dieser Sendung eigentlich noch besteht. Gibt es etwas relevantes in den letzten sagen wir 500 Sendungen, das dem Doebelingschen Musikkanon noch hinzugefügt wurde? Dazu die Marotte, die Sendungen durchzunummerieren, als ob es einen Unterschied machen würde, dass man Sendung 1234 oder 1432 hört. Der DJ erzählt es im Gespräch mit Sten Lorenzen ja sogar selbst, dass er meist nur ein paar Platten einpackt und manchmal noch nicht mal genau weiß, was er in der 2. Stunde auflegt. Ja, es entsteht der Eindruck, dass die Machart der Sendung (mit den vielen Countdowns) mittlerweile aus jeder Rille den rbb anschreit: für das was ihr mir als Rolling Stone-Autor zahlt, kann ich keine Sendung aufwendig vorbereiten.
Täuscht mich meine Erinnerung oder wurde früher mehr über die Musiker und ihren Background informiert? Heute gibt es nur selten mehr als Interpretenname und Songtitel, oft auch mit der weiteren Schrulle der doppelten Nennung. Als wenn wir nicht selbst in die Playlist sehen könnten. Überhaupt, höre ich die Sendung ausschließlich noch on demand auf der Webseite oder in der App. Live dabei sind wohl nur noch ein paar ganz Hartgesottene.

Kann diese Sendung neue Hörer, sagen wir mal unter 30-Jährige irgendwie erreichen oder ihnen gar etwas mitgeben? Ich fürchte eher nicht, denn dazu hat sich die Sendung fast zu einer reinen Playlist entwickelt, die radioeins auch in Spotify hinterlegen könnte. Ja ich weiß Frevel, denn ein paar Singles wird es da nicht geben, aber ist das wirklich so tragisch?

Mich schmerzt es, wenn ich daran denke, wieviel mehr Wolfgang Doebeling im Radio einbringen könnte. Wie sehr vermissen wir Barry Graves und seine Musikfeatures, das wäre eine Lücke, in der der DJ sein unschätzbares Musikwissen vermitteln könnte. Um wieder eine neue Generation mit der ursprünglichen Roots-Mischung zu infizieren. Heute trägt die Sendung den Titel eigentlich oft zu Unrecht, sie müsste eher „Wolfgangs Podiumsdiskothek“ heißen, wenn wieder nur neue Singles gespielt werden, mit denen er gerade bemustert wurde. Mir tut der erwähnte Fan leid, der wohl immer noch seine Liste führt. Ich besitze übrigens die 1. Jubiläumsversion der Liste, diese reicht eigentlich völlig aus, um sich selbst seine Musik zusammenzustellen bzw. auf Entdeckungsreise zu gehen. Inspiriert werde ich heutzutage eher von den Alben der Woche von detektor.fm oder den Empfehlungen im Glitterhouse-Katalog. Während uns WD mit seinen Provokatiönchen ala Scott Walker versucht zu triezen. Klappt nur nicht mehr, man kennt ihn ja nun wirklich so langsam nach 1500 Sendungen. Wie gerne hätte ich in der 1500. Sendung mehr über die letzte Session von Townes van Zandt erfahren oder was aus Beth Gibbons geworden ist. Stattdessen 4x Scott Walker, aber lassen wir das.

Bin ich alleine mit diesem Wunsch und Anspruch? Manchmal scheint es so, denn selbst das 2. Buch von Doebelings Musikerinterviews scheint vom Verlag ja beerdigt worden zu sein. Ich bin überzeugt, Musikspecials verlieren im digitalen Streamingzeitalter dann ihre Legitimation, wenn sie dem Hörer nichts persönliches mehr rüberbringen und nach dem Hören mit einem Wissenzuwachs zurücklassen. Mein bitterer Eindruck ist, dass es sich hier um eine generelle Linie von Radioeins handelt, denn wie sonst ist der sang- und klanglose Abschied von Musikenthusiasten wie Wolfgang Kraesze und Carsten Wehrhoff zu erklären?

Wie fällt nun mein Blick auf die nächsten Roots-Jahre aus? Ich wünsche mir wieder mehr Background, mehr Einordnen, mehr Erzählen, mehr Anekdoten – mehr Roots im ursprünglichen Sinne, als man in der Nacht noch aufhorchte und sich fesseln ließ. Als noch der ursprüngliche Slogan galt:

„Musik für alle Zeiten!“.

--

you can't win them all