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Nachdem sich Jimi Hendrix 1972 Herbie Hancock angeschlossen hatte, um sich an freien Jazz-Fusion-Formen zu beteiligen, wollte mit dem Aufkommen von Punk Mitte der 70er plötzlich niemand mehr etwas von ihm wissen. Der Gitarre überdrüssig, verlegte sich Hendrix auf rein elektronische Sounds, veröffentlichte 1979 ohne große Ambitionen ein Solo-Album – produziert vom alten Fusion-Kumpel Hancock – und landete zur Überraschung einen riesigen Dancefloor-Hit, der maßgeblich zur Entwicklung von HipHop und später Techno beitragen sollte.
Mitte der 80er arbeitete er kurz mit den Jungle Brothers und von da aus ging er zum Wordsound-Label, wo er sich noch eingehender mit Sampletechniken und digitalen Sounds auseinandersetzte. Regelmäßige Offerten von Rick Rubin, gemeinsam an einem Album „im Geist der 60er Jahre“ zu arbeiten, ließ er abblitzen. Stattdessen ging er mit Ice Cupe auf Tournee und wurde ausgebuht, weil er sich hinter seinem eigens entwickelten, volldigitalen „Stone Confusion“-Mixboard verschanzte, anstatt Gitarre zu spielen. Um die Jahrtausendwende wurde es dann still um Jimi Hendrix. Ab und an sah man ihn auf Benefizkonzerten zur Unterstützung der Rechte amerikanischer Ureinwohner. Ein Engagement, das Hendrix – der selbst afroamerikanische, indianische und schottische Vorfahren hat – seit Mitte der 70er Jahre vorantrieb. 2004 wurde er in die Rock’n’Roll Hall Of Fame aufgenommen. Laudator Rick Rubin erneuerte wieder einmal sein Angebot zur Zusammenarbeit, Hendrix lehnte wieder einmal freundlich ab.
Aber so ganz ließ ihn die Vergangenheit doch nicht los. 2006 veröffentlichte Hendrix ein Remix-Album von „Electric Ladyland“ und nannte es „Indian Motherland“, um daran zu erinnern, dass weit mehr als die Hälfte der heute lebenden Afroamerikaner indianische Vorfahren mütterlicherseits besitzen. Das Remix-Album wurde zwiespältig aufgenommen. Hendrix entfernte so gut wie alle Effekte von den Originalbändern und konzentrierte den Sound fast ausschließlich auf Rhythmuspattern und kurze Gitarrenspuren. Kritiker sprachen von einem „HipHop-Album ohne HipHop“ und einem „digitalen Desaster“, andere lobten die „moderne Stammesmusik, die zeigt, dass Hendrix zwar wieder Gefallen an seinen vergangenen Leistungen gefunden zu haben scheint, aber offenbar zum Glück nicht gewillt ist, sich auf Endlostourneen mit nostalgischen Oldiedarbietungen den Arsch vergolden zu lassen“.
2010 dann die Überraschung: Bei Ebay taucht der Notizblock auf, den Hendrix 1967 kurz vor den Aufnahmen zu „Axis: Bold As Love“ in einem Taxi vergessen hatte. Darin hatte Hendrix unzählige Songskizzen, Lyrics und Ideen gesammelt, die eigentlich die Grundlage für „Axis“ hätten bilden sollen. Rick Rubin ersteigerte den Notizblock für acht Millionen Dollar und konnte nun endlich Hendrix dazu überreden, unter Rubins Produktionsfittichen daraus ein Album einzuspielen. Rubin konnte Mike Watt am Bass und Dave Grohl am Schlagzeug gewinnen, ohne allerdings Hendrix vorher zu fragen. Spannungen während der Aufnahmen entluden sich nicht in einem kreativen Sturm, sondern in lustloser Perfektion ausgetrampelten Hendrix-Gedächtnis-Muckertums. Gemessen an der riesigen Qualität, die da zusammenkam, war das Ergebnis von „Exit: An American Parable“ zwar eine Enttäuschung, verkaufte sich aber zigmillionenfach.
Nach dieser künstlerischen Enttäuschung konzentriert sich Hendrix heute vornehmlich auf sein soziales Engagement. Daneben betreibt er weiterhin sein „Motherland“-Studio und fördert talentierte Musiker und Produzenten aus dem Bereich Elektro, Jazz, HipHop und R&B. Hendrix ist verheiratet und lebt in der Nähe von Los Angeles.
Herzlichen Glückwunsch zum Fünfundsiebzigsten, Mr. Jimi Hendrix!