Startseite › Foren › Das Radio-Forum › StoneFM › 18.11.2017: Pop Crimes 36 | Rock – Punk – Glitter – Glam › Antwort auf: 18.11.2017: Pop Crimes 36 | Rock – Punk – Glitter – Glam
Über das Album schrieb ich damals:
Dem Überhit Chandelier war in den USA nicht zu entkommen, im Rest der Welt als Pop-Interessierter auch nicht. Chandelier thematisiert die Psychologie hinter einem ungesunden Verhältnis zum Exzess und verpackt diese Thematik in zeitgemäßer Chart-Produktion. Das dazugehörige Album 1000 Forms of Fear ist ein Porträt gebrochener Personen im Umfeld moderner Popkultur. Die Gratwanderung zwischen melancholischer Zurückhaltung und offensiver Umarmung des besungenen Leides wird durch die dichte Produktion gehalten. Sia Furler, deren teils durch psychische Probleme bedingte Aversion gegen Ruhm sie dazu brachte, ihr Gesicht nicht mehr zu zeigen und diesen Umstand als künstlerisches Statement in ihre Performances einzubinden, setzt ihre Stimme auch zum Storytelling ein. Die ist eigentlich untypisch für eine Popsängerin. Sie singt nasal und nuschelt, und doch nutzt sie die stimmlichen Kapazitäten einer Soul-Diva, und wenn die Stimme dabei bricht, ist das ein Stilmittel, dass die Thematik unterstreicht. Hier ist Pop zwar mitreißend, aber zerbrechlich und vom inneren Kampf gezeichnet.
Hit-taugliche Refrains schüttelt Furler, von SPIN passend als „Songwriter-Singer“ bezeichnet, aus dem Ärmel, als wäre es das einfachste der Welt. Mit 1000 Forms of Fear liefert sie ein Pop-Album ab, das sich an den gängigen Mustern kontemporärer Pop-Produktionen orientiert, die sie in einem solchen Umfang begriffen hat, dass es ihr ein Leichtes ist, sie zu unterwandern und mit ihnen zu brechen, ohne sie zu diskreditieren. So wird es zum Keyplayer einer Entwicklung, in der die Grenzen zwischen Artifizialität und Kredibilität immer mehr verschwimmen. 1000 Forms of Fear hat das Zeug zum Game Changer im Mainstream Pop, was ganz im Sinne der Künstlerin wäre. Im SPIN-Feature verkündet sie: „I’d like 2015 to look like it’s just been fucked“. Let’s bring it on.
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