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vorgarten
1.7.1970
summun, bukmun, umyun. eine wilde trommelgruppe um die bass-vamps von cecil mcbee und das hymnische klavier von lonnie liston smith herum. und wenn gary bartz, pharoah sanders und woody shaw gerade nicht trommeln und rascheln und klappern, spielen sie kurze soli und kommentare auf ihren hauptinstrumenten (sanders allerdings auf dem sopransax), die für schöne abwechslung sorgen, sich aber nicht groß aus dem hintergrund nach vorne drängeln.
harmonisch ist das furchtbar simpel, aber man gerät automatisch in ein anderes hören, eine ziemlich glücklich machende trance (oder man schaltet ab und lässt es vorbeiplätschern). nichts schreit hier um aufmerksamkeit, keine individuelle stimme möchte gewürdigt werden, es gibt keine meistersoli oder dramatische zuspitzungen. die perkussion ist allerdings so toll verzahnt, dass eigentlich immer etwas neues passiert. und auch die kurzen bläserbeiträge bringen das statische bild immer an anderer stelle zum leuchten. clifford jarvis ist ein guter mann für eine polyrhythmische grundbewegung, aber es ist vor allem mcbee, der hier mehr sein will als funktional, eine handgemachte einzelstimme gegen resonanzen und drones behauptet, gerade und vor allem in seinem arco-spiel im zweiten stück.so wie sanders gelingt es ihm, hipness mit sentimentalität zu verbinden. was eben auch beweist, dass im sich immer mehr herauskristallisierenden sanders-konzept nicht die kollektive gleichförmigkeit an oberster stelle steht, sondern der individuelle beitrag dazu.
Bevor der Meister am Dienstag in Berlin persönlich erscheint, noch was hierzu:
Von den drei mir bekannten Pharoah Sanders-Alben (neben Karma und Jewels Of Thought) ist dies das mir liebste. Warum? Zunächst scheint mir das eher untypisch für PS in dieser Phase zu sein. Ein 20-minütiges Percussions-Ungetüm – Summun, Bukmun, Umyun -, das für mich mehr nach Afro Cuban oder Afro-Beat klingt als nach John Coltrane. Harmonisch simpel? Mag sein, aber rhythmisch berauschend. Und als zweites und letztes ein kaum kürzeres Stück- Let Us Go Into The House of the Lord -, dieses jedoch schwebend, meditativ, sakral.
Man kann beides als spirituell auffassen, jedoch auf jeweils ganz unterschiedliche Art. Und zum Glück für mich kommt das ohne demonstrative Weltrettungs-alle-Menschen-werden-Brüder-Botschaft aus.
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„Für mich ist Rock’n’Roll nach wie vor das beste Mittel, um Freundschaften zu schließen.“ (Greil Marcus)