Antwort auf: Ich höre gerade … Electronica

#10313533  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

Beiträge: 5,429

Ich lese gerade über Electronica.

GROOVE – Magazin für elektronische Musik und Clubkultur (November / Dezember 2017)

Habe ich tatsächlich aktuell zum ersten mal gekauft und gelesen. Grund: Kink alias Strahil Velchev, dem Techniktüftler aus Sofia, dessen Debut-Album Under Destruction mich 2014 begeisterte, ist anlässlich eines neuen Albums die Titelgeschichte gewidmet. Aber auch sonst sehr interessant: Karl Bartos erzählt, dass die zunehmende technische Perfektion bei Kraftwerk langsam die Kreativität tötete, es gibt Reviews, die mich nicht nur auf das Album der aktuellen Ausgabe (Call Super – Arpo) neugierig machen und die beiliegende CD ist ein guter Mix.

Für mich überraschend und beeindruckend ist aber vor allem ein 14-seitiges Feature über – ich sag mal – die dunkle Seite des Nachtlebens aus Perspektive von Menschen, die dem vermeintlichen Traumjob DJ nachgehen oder einen Club betreiben. Tinnitus, psychische Probleme durch ein Leben zwischen Club, Hotel und Flughafen, ungewöhnliche Arbeitszeiten, die ein Privatleben mit Beziehung und Freunden erschweren, Leistungsdruck, der Gegensatz zwischen dem ekstatischen Rausch im Club und der Stille danach und die Folgen bis hin zu burn out und Depression. Fast ausschließlich Interviews mit (unterschiedlich) Betroffenen und am Ende ein Gespräch mit zwei Therapeuten.

Im einleitenden Text gibt es eine kurze Beschreibung/Interpretation der Eigenschaften/Wirkung von einigen Musikstilen: „der paranoide Tunnelblick des Drum’n’Bass, die depressive Entrücktheit im Dubstep, die Manie des Hardcore, die repetitive Zwanghaftigkeit des Techno, die Erotomanie der House Music“. Da dachte ich: Ja, genau das höre ich bei (nicht nur elektronischer) Popmusik, und genau diesen Wahnsinn will ich dann erleben. Nur – ich als Hörer kann das an- oder abschalten wann ich will. Ein Musiker oder ein DJ kann das nicht.

--

“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)