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Anonym
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soulpope
@soulpope Die „Toteninsel“ hören, gut, so wie die Welt gerade mal wieder danebenläuft. Ich kenne sie nur mit Mitropoulos, aber das möge auch hinreichen.
Hier ein Miraculum, Mahler IV – von wegen „leicht“. Eine lauernde Musik. Wie eine Katze, die mit einem Vogel spielt, nein, viel ernster. Welche „Entwicklung“ gibt es eigentlich bei Mahler? Da scheint immer schon alles da zu sein, obwohl das gar nicht stimmen kann, der Mann hat schließlich auch gelebt – nur in anderen Konstellationen, die sich jeweils in den Symphonien verschieden darstellen, man kann nicht alles auf einmal sagen, wird älter, gibt ein paar Änderungen, all das. Der Beginn der Fünften ist da, das ganze Werk ist der erweiterte Schlusssatz zur Dritten und im langsamen Satz tappst schon der Beginn des zweiten Teils der Achten, permanent. Und dann der „Durchbruch“ – das scheint mir ein von Adorno so gut gewähltes Wort zu sein, dass man es kaum falsch gebrauchen kann und auch zitieren darf. Immer dieser Wechsel zwischen Sehnsucht und Brutalem. Das eine Stimme bekommt. Spaß dürfte das nicht machen. Ich höre also gerade:
Und das Schlagwerk im dritten Satz ist unerbittlich – alles scheint wohlbereitet, eine Hoffnung usw., alles wird leicht und dann wird es fast schlimmer und noch schlimmer als mit dem Hammer in der VI. – alle Schalltrichter auf und die Pauken hauen (jedenfalls ist dieser langsame Satz weit mächtiger als der der Sechsten). „Schön“ ist das nicht. Juliane Banse singt dann das seltsame Kinderlied am Schluss, als sähe sie auf ein kleines Mädchen zurück, das Tiere quälen würde, aber trotzdem fröhlich ist. Dass das nicht möglich ist, singt sie gleich dazu, mit einer erwachsenen Stimme, die sie aber gar nicht will. Diese IV. bringt mich ständig auf Seilbänder und Fallstricke. Deshalb habe ich jetzt die Aufnahme von Gielen bestellt. Er dürfte mir die Sache noch einmal erklären, die Bänder und Stricke spannen. Obwohl Boulez und Banse und das Cleveland Orchester hier womöglich doch schon alles gesagt haben – das Nichtgesagte auch.
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