Antwort auf: James Brown

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friedrich

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gypsy-tail-wind

friedrich

Vor, während und nach! Und selbst nach seinem Tod stritten und streiten sich seine Erben (oder solche, die sich dafür halten) vor Gericht um seinen Nachlass.
Deine Frage kann ich nicht beantworten, da ich das Buch noch nicht gelesen habe. Aber ich vermute, dass James McBride in seinem Buch versucht, die Person James Brown in allen seinen Facetten zu beleuchten – und James Browns Konflikte mit Gesetz und Steuerbehörden sind ja Teil seiner Legende.

Das klingt mir jetzt zu simpel und pauschal. Die Verbrechen, die Brown verübt und auch jene, die an ihm verübt wurden (die Kindheit war wirklich ziemlich krass) werden in „The One“ behandelt, der vermutlich besten Biographie zu Brown von RJ Smith (gibt es inzwischen auch als Taschenbuch).
Wenigstens die IRS-Geschichten sind bei McBride auch drin, sein Approach scheint aber etwas … gar essayistisch zu sein. Dennoch wäre es wohl – zu Smith ergänzend – eine interessante Lektüre, wegen der Interviews mit Leuten aus Browns Umfeld.
https://mobile.nytimes.com/2016/04/03/books/review/james-mcbrides-kill-em-and-leave.html

Moment mal: Meine schlagwortartige Ausdrucksweise sollte hier geläufig sein. Ich habe aber die Person James Brown keineswegs auf seine Gesetzeskonflikte reduziert oder auch nur den Fokus ausschließlich darauf gerichtet. Ich habe nur gesagt, dass das mit dazugehört und – ich vermute mal – sich aus der Person James Brown erklärt bzw. umgekehrt das auch für das Verständnis der Person JB wichtig ist. Wie ist es, am unteren Rand einer Gesellschaft aufzuwachsen, die von Ausgrenzung, Armut, Unterdrückung und Gewalt geprägt ist? Zugegeben eine These, die ich nicht wirklich belegen kann – zumal ich nicht einmal eine JB-Bio gelesen habe. Aber das hole ich jetzt ja nach. Bei McBride reizt mich gerade, dass er offenbar den Fokus weit aufspannt und JB als soziokulturelles Phänomen versucht zu erklären.

Ich hab die Rezi in der NYT nicht ganz gelesen, aber sie kommt immerhin zu einem anerkennenden Urteil:

„James Brown was among the loneliest of the great soul musicians. Indeed, his accomplishments in loneliness are nearly as towering as his accomplishments in song, and it’s the race problem, in part, that apparently made this the heartbreaking case. And yet none of that should stop you from delighting in “Say It Loud — I’m Black and I’m Proud,” or “Papa’s Got a Brand New Bag.” You should just hear the music and the melancholy.

James McBride’s welcome elucidation (dtsch: Aufklärung) of these points is clear, deeply felt and ­unmistakable“.

The One von RJ Smith kenne ich nicht. Gibt’s ggw. wohl nur in der Originalsprache.

Btw, tolles Foto:

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)