Antwort auf: Literarische Begegnungen (Lesungen)

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ford-prefect
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Christiane Rösinger – Kulturzentrum Das Wormser, Worms am Rhein, 18.9.2017

Bis 2008, als die Künstlerin ihr erstes Buch „Das schöne Leben“ publizierte, kannte man Chrsitiane Rösinger überwiegend als Musikerin, und da vor allem als Sängerin der 1998 aufgelösten Lassie Singers. Zuletzt hatte Rösinger mit ihrem gedruckten Erfahrungsbericht „Berlin – Baku. Meine Reise zum Eurovision Song Contest“ beglückt. Nun überrascht die Berliner Indie-Musikerin, was man ihr als vielseitige Neugier auf persönlich Unerforschtes auslegen kann, mit einem witzigen und humorvollen Sachbuch über das Thema Flüchtlinge, das Rösinger in der Nibelungenstadt in einem kleinen Konferenzsaal des Kulturzentrums „Das Wormser“ vorstellte. Mit dem Titel Zukunft machen wir später, erschienen beim Verlag S. Fischer. Denn Christiane Rösinger hat zwischenzeitlich, nach einer vierwöchigen Weiterbildung, für ein Kreuzberger Hilfswerk schutzsuchende Asylanten in Deutsch unterrichtet. „Dozentin für Deutsch als Zweitsprache“ nenne sich das auf dem Papier der Behörden.

In diesem Buch berichtet die erfahrungshungrige 56-Jährige mit der rauchigen Stimme von ihren Erlebnissen (die meisten davon sind amüsant) mit Geflüchteten aus Syrien, Mali, Polen, Kamerun und Burkin Faso. Im Jahre 1994 hatte die gebürtig aus dem badischen Rastatt stammende Künstlerin nach 16 Semestern (damals war sie bereits junge Mutter) ein Germanistik-Studium abgeschlossen, was die Indie-Rockerin zusätzlich für diesen Job qualifizierte. „Viel besser und erfüllender als das ewige Um-sich-selbst-Kreisen beim Schreiben von Liedern und Texten“, rezitierte Rösinger aus ihrem neuen Buch in Bezug auf ihren Deutsch-Unterricht vor Fremdländern. Während ihrer Lesung spielte Rösinger zwischendurch drei Songs ihrer Solo-Alben auf CD über die Saaldecken-Lautsprecher ab, so die Nummer „Lob der stumpfen Arbeit“ (Textauszug: Statt ’ne neue Platte pflanz‘ ich Blumenrabatte / Artikel schreiben konnt‘ ich nie leiden, sich selber promoten, das gehört verboten“). In ihrem Sprachunterricht hätten die Teilnehmer nicht bloß ihre Nationalgerichte verraten, wie das Reisgericht Palau oder Couscous, Lehrerin Rösinger führte die Neuankömmlinge überdies in „die deutsche Trink- und Alkoholkultur“ ein. Mit der Einsicht: Sowohl die Alkohol-Trinker als auch die Nicht-Alkohol-Trinker sollten einander respektieren.

Zum Buch „Zukunft machen wir später“: Ein aus persönlicher Perspektive geschriebener launiger Prosa-Bericht über eines der drängendsten Probleme unserer Bundesrepublik. Wobei das Sachbuch dem Leser die Augen öffnet, dass hinter dem Thema Flüchtlinge nicht ausschließlich ein Tal der Tränen liegen muss. Nebenbei decken sich Rösingers Flüchtlings-Erfahrungen mit den meinen.

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Wayne's World, Wayne's World, party time, excellent!