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24.11.1971
bei sanders großer, 38-minuten langen panafrikanischen party sind neue leute dabei, die später, im 70erjahrejazz, ganz schön wichtig werden: norman conners und billy hart (dm), neben cecil mcbee plötzlich stanley clarke (b), carlos garnett (ts), hannibal marvin peterson (tp), und statt dem sich emanzipierenden lonnie liston smith sitz jetzt der quirlige joe bonner dauerhaft am klavier – bonner, mcbee, conners und lawrence killian sind die neue working band von sanders.
die schwarze einheit deutet auf eine politische anbindung von sanders hin, die auch zum brooklyner „east“-club passt, in dem er zu dieser zeit am liebsten auftritt: ein dem black-nationalism nahestehender panafrikanismus, der zwar prinzipiell auf übergreifender verständigung aufbaut, aber schwarze selbstorganisation fördert und weiße dabei ausschließt (im east durften sie nicht auftreten und manchmal wurden sie auch gar nicht erst eingelassen). bei sanders dürfte das nicht wirklich militant gemeint gewesen sein – er erinnert sich an das east-publikum als ein freundliches und spirituell interessiertes (auf nüchterner basis: dort wurde kein alkohol ausgeschenkt) und seine „black unity“ bezieht sich zu allererst auf ein sammelsurium von afrikanischen instrumenten (und nicht nur das: besagtes indisches harmonium hat seinen gefürchteten auftritt, außerdem gibt es noch sowas wie eine fernöstliche zither oder harfe im klangbild).
der groove, von den beiden hypervirtuosen bassisten vorgegeben, ist steady, hypnotisch, klar und einfach. es gibt sowas wie ein rudimentäres 2-ton-thema in 2 akkorden. die bläser agieren ziemlich extrovertiert, was sich im unisono zu kakofonischen passagen verdichtet, aber sie halten auch oft die klappe. dann kommt bonner ins spiel, mit seinem zwischen pop und free agierenden klavierspiel – und besagtes harmonium, das alle paar minuten mit einem unreinen akkord die musik überspült. die zither ist ebenso wenig „westlich“ gestimmt, was den gesamten 38 minuten etwas ungreifbar flirrendes gibt. irgendwie ist sanders da schon nah an davis‘ sitar-band, obwohl sie eigentlich erst 1972 so richtig auftaucht (und sanders wird später mtume und badal roy ins studio einladen). und am ende wird A LOVE SUPREME zitiert (naja…).
im prinzip also das KARMA- oder JEWELS-OF-THOUGHT-programm, aber mit anderen resonanzen. und irgendwie auch toller. man muss sich damit abfinden, dass das ganze wie eine party wirkt, die schon auf hochtouren läuft, wenn man noch nüchtern dazu stößt. oder wenn man (wie ich manchmal), sonntags um 13h ins berghain geht, wo andere schon seit 12 stunden feiern. aber nach 5 minuten ist man drin. und gehört dazu.
was merkwürdig ist: am ende gibt es 30 sekunden applaus von einem publikum aus schätzungsweise 50 leuten. also genauso wie bei LIVE AT THE EAST, das ja bekanntermaßen nicht im „east“ aufgenommen wurde, sondern mit east-publikum im a&r-studio. dessen genaues aufnahmedatum ist unbekannt. ist das vielleicht also die gleiche session? dass bei LIVE AT THE EAST noch harold vick als sänger (!) einen credit bekam, könnte auch bedeuten, dass er einfach zum east-publikum zählte, dass ins studio eingeladen wurde.
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