Antwort auf: blindfoldtest #24 – vorgarten

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vorgarten

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cloudy
1.Markante Stimme, die mit großer Lässigkeit vorträgt – und mich genau damit packt. Das Trompetensolo reißt mich ebenfalls mit. Ein Stück, das auch ohne Gesang funktionieren und mich begeistern würde. Aber auch so sehr genial, und ein Stück, das ich in Zukunft noch sehr oft anhören werde. Aber: Warum wird es gegen Ende so hektisch? Der Schluss passt irgendwie nicht zur Stimmung davor.

die sängerin singt auch nicht immer. und dass die am ende double time spielen, ist wahrscheinlich üblich, ich kenne mich da aber nicht so aus.

cloudy2. Kenne ich bereits! Song und Stimme! Dennoch hab ich keine Ahnung, wer und was das ist. Gefällt mir sehr, vor allem der Anfang mit der spärlichen Instrumentierung / Musikbegleitung und den nur kurzen Gesangszeilen. Was aber bitte soll das Glöckchen-Geklingel? Und auch die Mundharmonika ist für meine Begriffe nicht sooo zwingend. Trotzdem toll!

schön, dass dir das gefällt! das arrangement ist szenisch, hier wird eine ländliche idylle evoziert und gleichzeitig gesagt, dass man mit musikalischen mitteln gar nicht die sounds der natur widergeben kann – deshalb die mundharmonika. sie singt: „can the sounds be duplicated by a mere instrument of men? -no. but I tried on my melodica.“ dass die harmonika so unfachmännisch gespielt wird, passt also, weil das so näher an der natur ist, die von menschen sowieso nicht „gespielt“ werden kann.

cloudy3. Ein bekannter Gospel: „Joshua fit the Battle of Jericho“. Wäre für mich mit einer männlichen Gesangsstimme aber noch ansprechender.

einfach aus geschmacksgründen, oder gibt’s dafür einen bestimmten grund?

cloudy4. Mag ich ebenfalls, wenn es auch ein wenig hektisch und rasant zugeht. Den Bass mag ich besonders.

der bass ist hier „gast“, aber er macht das in der tat großartig. dass man ihn so gut hören kann, rehabilitiert für mich auch die schlechte aufnahme.

cloudy5. Tolle Instrumentierung, vor allem am Anfang! Die konkreten Instrumente vermag ich jedoch nicht exakt zu benennen. An dem Punkt, an dem irgendwann die Trompete einsetzt, wird es nach dem Schlagwerksolo für mich dann wieder richtig interessant. Die Gitarre mag ich nicht so wirklich in diesem Stück. Meine aber, dass gerade diese über eine sehr bekannte Melodie improvisiert, die dann auch vom darauffolgenden Glockenspiel aufgenommen wird…?

die instrumentierung ist interessant (weil: kein saxofon oder ein anderes blasinstrument außer der trompete, das thema spiele sie und die gitarre). wir hören klavier, gitarre, harfe, vibrafon, bass und schlagzeug. also viele begleitinstrumente nebeneinander. ein latin- und ein swingteil werden durch das drumsolo voneinander abgesetzt. die „sehr bekannte melodie“ spielt die harfe (wir rätseln gerade noch, was das eigentlich ist), das vibrafon zitiert anschließend gershwins „it ain’t necessarily so“.

cloudy6. Beginnt für mich in etwa wie „As Time goes by“ und erinnert mich an Bar-Klavier-Jazz. Nicht übel, aber plätschert halt so als Hintergrundmusik an mir vorüber.

da lohnt es sich, wegen der ganzen feinheiten nochmal genauer hinzuhören. aber wenn man diese eher leichte form des klaviertrios nicht mag, ist das wohl nicht das stück, was einen bekehren könnte.

cloudy7. Da scheint eine Tuba loszulegen. Wenn dann die anderen Blasinstrumente dazukommen, klingt es zunächst ein bissl dissonant, aber wohl gerade deshalb extrem reizvoll in meinen Ohren. Bis zum Pianosolo für mich ein großartiges Stück Musik. Das genannte Solo ist mir zu brav. Das danach einsetzende Solo des neuerlichen Blasinstrumentes hingegen ist wieder wahnsinnig cool.

schön, dass du das so hörst. das arrangement wurde hier schon hervorgehoben und identifiziert. das kalviersolo finde ich persönlich auch nochmal einen hinhörer und würde es eher als elegant und nicht als brav bezeichnen (das ist ein ganz wichtiger musiker, der vor allem für seine dunklen klangfarben bekannt ist). ich finde es auch im vergleich zu dem klavier auf #4 sehr interessant.

cloudy8. Erinnert mich am Anfang an „Blueberry Hill“ von Fats Domino. Ist das eine Orgel, die da spielt?

ja, das ist eine orgel, untypischerweise mit bass (den organisten durch ihre fußpedale ersetzen können), dazu schlagzeug und tenorsaxofon. das ist was zwischen soul-jazz, r&b und pop, wobei es die orgel braucht, um eine soundwand aufzubauen, für die man sonst eine bigband haben müsste.

cloudy9. Höre ich gerne zu, ist mir aber auf Gesamtlänge zu wenig originell. In diesem Stück passiert irgendwie nichts. Nichts lässt mich aufhorchen. Außer der Moment, wo der Pianospieler endlich ein wenig energischer in die Tasten greift und lauter und schneller wird. Vielleicht zu viel Piano für mich. Ich habs eher mit den Blasinstrumenten. Wobei der Bass auch hier sehr lässig daherkommt.

da bist du gerade ziemlich alleine mit deiner kritik, für andere ist das hier der höhepunkt. und es hat eine großartige steigerung, mit herausgehämmerten blockakkorden und angedeuteten bach-ähnlichen kontrapunkten. also es passiert schon eine menge.

cloudy
10.Religiös, aber viel zu brav. Zu wenig Inbrunst im Vortrag. Er bittet, „Lord, have mercy on me“, aber so wenig überzeugend, dass ich ihm sein Winseln und Flehen um Gnade nicht wirklich abnehmen kann. Gut, nett, aber nicht herausragend.

der sänger würde wohl in der tat nicht dafür sorgen, dass eine kirchengemeinde kollektiv in trance fällt. es geht hier im ganzen bft (ungeplant!) darum, wieweit religiös daherkommende oder unterfütterte formen in etwas anderes, weltliches transportiert werden. was insofern komplex ist, weil die religiösen formen in der afroamerikanischen musik von beginn an eher kommunikative funktion hatten, also ihre „botschaften“ darin verschleierten oder codierten (das sogenannte „signifying“). hier wird die religiöse ebene wieder sehr ernstgenommen, aber eigentlich aus dem jazz mit all seiner sophistication wieder „zurückentwickelt“.

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