Antwort auf: blindfoldtest #23 – gypsy tail wind

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gypsy-tail-wind
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pheebeeSo, jetzt doch noch ein paar Kommentare/Eindrücke von mir.
Es sei noch gesagt, dass ich nichts von dem Gehörten ge- oder erkannt habe.

Danke auch Dir, dass Du Dich auf das Wagnis eingelassen hast! :-)

pheebee
#1
Hört sich etwas nach Filmscore an.
Der beste Moment ist für mich ab der Hälfte, als das Saxophon einsetzt.

Yep, hat auf jeden Fall was Filmisches … die Gruppe kennt hier eh keiner, an sich auch ich nicht, die CD landete auf dem Stapel der Sachen, die ich vorbereitend wiederhören und aus denen ich dann mögliche Tracks wählen wollte … und da fand ich dann eben, dass sich zwei Auszüge – aus einer Suite, in der Erinnerungen, ergo Stimmungen verarbeitet werden, was dann eben zum „Filmischen“ führt – sich ganz gut eignen … sagte ich zwei? Genau. Aber ich löse ja eh demänchst auf (weil das Wochenende aber schon fast wieder um ist, dauert es wohl nochmal fast eine Woche bis ich es schaffe, alles auch zu kommentieren (und dazu auch alles nochmal in Ruhe anzuhören).

pheebee
#2
Klempner bei der Arbeit ?
Wellblechpercussion und Geräusche, wie wenn jemand ein Metallrohr durchsägt.
Das Pianothema stört dann sogar fast diese, sagen wir, Arbeitsgeräusche.

Hier freute ich mich eben auch darüber, wie gut sich das ans Intro anfügt, und wie wir damit quasi einen zweiten Opener haben, der sich einmal mehr Zeit lässt, dann aber ganz einfache Motive mit dem Spiel im Innern des Flügels verknüpft, mit dem das Stück beginnt.

pheebee
#3
Schönes, flottes Saxophonstück.
Wobei mir der gezupfte Bass im Hintergrund noch am besten gefallen hat.
Ich sollte an diese Stelle vielleicht erwähnen, dass ich die Dateien auf den iPod gezogen habe und dann mit den Stöpseln ziemlich nah dran war. Außerdem hatte ich so die Möglichkeit, die Musik unter unterschiedlichen äußeren Bedingungen auf mich wirken zu lassen.

Das heisst, das Sax hat Dir überhaupt nicht gefallen? Später kommst Du noch mit Sax-Überdosis … dabei ist das hier ja ein Piano-BFT, der für meine Verhältnisse eigentlich gar kein Saxophon dabei hat ;-)

Die Kritik am Schlagzeug (von @brandstand3000 geäussert, glaube ich?) kann ich nachvollziehen, aber mir gefällt hier einfach der Groove sehr gut, wie die drei zusammenarbeiten, wie sich das alles verzahnt, auch wenn es in der Form schon ziemlich konventionell bleibt.

pheebee
#4
Ah, ein Livemitschnitt.
Gefällt mir sehr. Besonders das Orgelspiel. Ich musste dabei ein bisschen an VDGG, zumindest zu Beginn.

VDGG musste ich durch Google jagen … den Bandnamen habe ich schon gehört, aber noch keinen Ton Musik von denen (?), wenigstens nicht bewusst.

pheebee
#5
Ich bin ja heimlicher Bass Fan (siehe #3).
Somit haben mich die ersten 3 Minuten sofort abgeholt. Ab ca. 3:50 zerrte das Klavier dann vorübergehend an meinen Nerven, was dann ab ca. 4:25 langsam nachließ. Für mich ein Stück, dass definitiv öfter gehört werden muss und dass dadurch auch gewachsen ist.

Dass das Klavier hier schwierig ist oder als schwierig empfunden werden kann, kann ich absolut verstehen. Ist auch für mich kein Fall, der mir unmittelbar und direkt gefällt, mich sofort anspricht. Aber Musik, bei der ich dranbleiben will, von der hoffentlich noch einiges kommen wird, was so toll ist wie dieses ganz aktuelle Album.

pheebee
#6
Das ist nichts für mich. Der Pianist mag bestimmt ein Könner sein, aber das ist für mich reines Geklimpere.
Ich war froh als es vorbei war.

Schade, aber auch das kann ich durchaus nachvollziehen. Ich erwähnte das schon ganz zu Beginn, als die Diskussion zunächst zwischen @vorgarten, @brandstand3000 und mir lief: vieles, was ich hier vorstelle, kenne ich aus Live-Situationen, von im Radio gesendeten Konzerten u.ä. Die Auswahl von Stücken ab Konserve fiel mir oft selbst nicht einfach. Diese Musikerin hier ist aktuell gewiss eine der grössten ihres Faches (das ist dann nicht das konservative Post-Bop/Mainstream-Jazz-Piano sondern schlicht: das Jazz-Piano), ich habe sie live bisher nur als Solistin (und direkt danach in einem für mein Empfinden verunglückten Duo) erlebt und fand sie solo enorm beeindruckend. Daher wählte ich auch als erstes einen Track aus dem einen Solo-Album, das ich von ihr habe. Andere Alben liegen da, vielleicht auch welche, die zum Einstieg besser geeignet waren, aber für meine Auswahl hier nicht in Frage kamen. Mehr dazu dann bei der Auflösung.

pheebee
#7
Hier klingt es zu Beginn wie Trauermusik, wenn nicht das Sax da so drübertänzeln würde.
Es wird dann aber schnell dramatusch bis bedrohlich. Diese Dramaturgie ist packend. Ein weiteres Stück, bei dem Mehrfachhören notwendig war. Jazzrock ? Fusion ? Fusionrock ? Keine Ahnung…beeindruckend allemal.

Posaunenchor, Trauermusik – ja, klar. Das Sax finde ich dann eher holzhämmerisch als tänzelnd, aber sehr effektiv und gerade so, wie es hier benötigt wird. Stilschubladen greifen da ins Leere, denke ich, es gibt E-Gitarre mit vielen Effekten, es gibt eine (verstärkte) akustische Bassgitarre, es gibt viel Haltung hier, die vielleicht da und dort ins Leere läuft (wie das auch beim Konzert der Leaderin/Pianistin vorgestern manchmal geschah, das war aber eine ganz andere Besetzung und leider erst das zweite Mal, dass ich sie live sah, das erste Mal war aber mit dem Projekt, das auf dem Album dokumentiert ist, von dem der gewählte Track stammt) … also, die Haltung, das Leere … aber ins Akademische, da muss ich mich dagegen verwahren, läuft das hier gewiss nicht, wenigstens kann ich den Vorwurf oder auch von @brandstand3000 kam, aus der Musik nicht ablesen, nur mit aussermusikalischem/biographischem Extrawissen erklären, was dann nicht weit führt. Egal.

pheebee
#8
Bis zur Mitte für mich verstörend und beinhaltet fast alles, was mich an Jazz nervt. Diffuses Wirrwarr.
Dank der langsameren zweiten Hälfe aber doch aushaltbar. Aber ich bringe die beiden Hälfen in meinem Hirn nicht zusammen.

Hm, na ja, das hier ist halt sowas wie eine aktuelle Spielweise von guter alter freier Improvisation. Ich weiss am Ende ja nicht mal, wieviel „Jazz“ hier überhaupt drin ist. Mir gefiel das Album zunächst auch nicht so sehr, aber in der Vorbereitungsphase lag ich mal mit Migräne bzw. drohend-aufkommender an einem Wochenende am Nachmittag im Halbdunkel und hörte es zweimal komplett an und mein Urteil änderte sich dahingehend, dass ich eben doch ein Stück daraus präsentieren wollte. Dass es nicht erkannt wurde mag aber als mögliches Argument dafür gelten, dass es in der Tat nicht wahnsinnig speziell ist, was das Quartett hier bietet (damit sind wir wieder bei der Diskussion, die nach den ersten Rückmeldungen lief – die ersten Seiten des Threads nachzulesen würde sich wohl lohnen, wenn Du Zeit hast).

pheebee
#9
Das gefällt mir nun wieder.
Es gibt also doch Klavierimprovisationen (sofern das welche sind), die mich nicht nervös machen.
Obwohl: man hätte das flotte Anfangstempo gerne etwas länger aufrechterhalten können, finde ich.

Das ist wohl neben #4 der konventionelleste Track hier, bei mir auch etwas ein Wackelkandidat, aber ich mag das Album, von dem er stammt, doch recht gerne – gerade auch wegen des Basses, den Du hier gar nicht erwähnst ;-)

pheebee
#10
Hier kann ich wenig zu sagen. Geht ein bisschen an mir vorbei.
Ich fürchte die längeren Stücke haben hier scheinar Wirkung hinterlassen.

Auch hier gibt es doch einen schönen Bass, nicht? Derselbe Mann wie in #3 übrigens … das Stück ist sehr unprätentiös und auch darin #3 ähnlich, finde ich. Aber ich mag den Ton am Tenor sehr, sehr gerne.

pheebee
#11
Tolle Aufnahme, obwohl etwas Sax-Overkill jetzt.
Aber ich bilde mir ein, dass ich sogar den Atem des Saxophonisten höre…

Bei Blasinstrumenten auch mal das Atmen der Spieler zu hören ist ja nichts so aussergewöhnliches … auch das nochmal eine Kleinigkeit, die mir aber doch ziemlich gut gefällt.

pheebee
#12
Interessantes Zusammenspiel von Klavier und Trompete hier (ich hoffe, ich höre das korrekt raus.).
Und spannend zu hören, wie nur diese beiden Instrumente Volumen schaffen und dabei z.B. eine Rhythmusgruppe gar nicht vermisst wird.

Klavier und Trompete, ja. Ich liess mir sagen, die Trompete agiere nirgends so frei wie in diesem Duo … vielleicht kein Zufall, ich weiss es nicht, kenne bisher – und noch nicht lange – erst dieses eine Album.

pheebee
#13
Etwas ruhiges, fast friedvolles zu Schluss. Gefällt mir auch.
Ich habe mich jetzt mehr oder weniger auf Telegrammstil beschränkt, da ich keinerlei Idee habe, wer das hier im Einzelnen sein könnte.

Von den paar klaren Fällen (@vorgarten und @brandstand3000 waren beim Konzert der Gruppe in #7 mit auch dabei, @vorgarten musste #5 und #6 erkennen und hätte ev. noch einen weiteren indentifizieren können) ging ich davon aus, dass niemand was erkennen würde (bzw. @redbeansandrice, der leider nicht an Bord war, hätte die Orgel identifizieren müssen … und aus der gebündelten Erkenntnis wären vielleicht dann noch ein paar weitere Dinge herausgekommen, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr, denke ich, denn ich versuche wohl bis Ende nächster Woche aufzulösen).

pheebee
Ich habe mir auch beim wiederholten Anhören keinen Reim auf zeitliche Zusammenhänge machen können und mir kam auch kein einziger Gedanke dazu, aus welcher Zeit oder aus welchem Jahrzehnt einzelne Stücke stammen könnten.
Das ist sehr schlau zusammengestellt und passte wunderbar. Bin wirklich neugierig auf die Auflösung.
Vielen Dank für die Zusammenstellung, gypsy. Das war eine echte Aufgabe für mich.
PS:
Zum Bonusteil möchte und kann ich mich derzeit nicht äußern.
Vielleicht hole ich das später mit ein paar Bemerkungen noch nach.
Ich habe mir das gerne angehört, aber ich denke, dass ist für die Fortgeschrittenen und da traue ich mich als Jazz-Laie nicht wirklich ran. Für meine Hörgewohnheiten geht das teilweise in die „Avantgarde“.

Die zweitlichen Zusammenhängen wurden erkannt: das ist allesamt neueren Datums, manches ganz neu, anderes ein paar wenige, maximal aber zehn, elf Jahre alt – und natürlich kann man die Hälfte oder so in den Topf „Avantgarde“ legen, erst recht die Bonus-Tracks … aber solche Abgrenzungen, um die es auch bei der anfänglichen Diskussion im Thread hier ging, halte ich für recht unergiebig im gegenwärtigen Jazz, der ja auch auf der stilistischen Zersplitterung baut – bzw. mit dieser irgendwie umgehen muss – die seit den Siebzigern in den Jazz Einzug gehalten hat (das Verweilen auf dem Postbop-Weg, wie ihn die Young Lions in den Achtzigern wählten – dabei auf beiden Augen blind, denn wo bleibt ihre Verehrung für einen so grossartigen Musiker wie Woody Shaw, der damals sogar noch dabei war? – ist dabei klar die langweiligste, belangloseste Schiene, aber auch aus der Ecke kommt manchmal ganz Hörenswertes). So gesehen ist der Vorwurf des „Akademischen“ vielleicht doch nicht völlig falsch, wenn wie @vorgarten es oben formulierte: die haben alle viel nachgedacht, sie haben Fragen gestellt, ihre Antworten darauf gefunden, da und dort sind sie eigener als anderswo. Aber diese Tätigkeit, die ja ein Fortschreiben der Tradition ist, ist ja nicht an sich „akademisch“ (zudem missfällt mir – natürlich selbst Akademiker – der „Geschmack“, der dem Prädikat beiwohnt).

Aber gut, so gesehen ist die Zusammenstellung nicht unbedingt eine meiner Lieblingstracks oder -alben, aber eine, die Leuten gewidmet ist, deren Arbeit ich sehr schätze, teils seit kurzem, teils seit längerem verfolge. Das bezieht dann eben wieder sehr stark Live-Auftritte mit ein, die ich längst nicht von allen erlebt habe, die aber mein aktuelles Hören alles in allem doch deutlich stärker prägen als CDs, bei denen ich stets das Gefühl habe, hinterherzurennen und doch nie mitzuhalten bzw. den Neuheiten dann kaum je die gebührende Zeit widmen zu können (zu mögen, es geht ja immer um Prioritäten, Vorlieben, andere, wichtigere Hörvorhaben etc.).

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