Antwort auf: ROLLING STONE im Juni 2017

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Mancher hier sollte seine Haltung zum „nervigen BO Thema“ nochmal reflektieren. Zwar glaube ich Sebastian Zabel seine Erklärung, aber wenn drei Redaktionen zusammen eine Publikation verantworten, sollten Haltelinien beachtet werden. Und wenn in Deutschland rechtes Gedankengut keine Haltelinie darstellt, dann weiß ich es auch nicht.

Es geht mir hier siche nicht darum, ob die Onkelz musikalisch oder lyrisch grottenschlecht sind – sie könnten die neuen Lennon/McCartney sein, wenn sie statt Erdbeerfeldern zu besingen Fremdenhass propagieren sollte man sich wohl nicht hinstellen und die Komposition oder das Arrangement loben, während man über den Text zur Not nonchalant hinwegsieht.

Mit dieser bestenfalls desinteressierten Haltung bereitet man einem weiteren Rechtsruck in der Gesellschaft den Boden. In meinem Lieblingsnachbarland Frankreich hat es eine offen rechtsextreme Partei durch ein bisschen Kreidefressen und Kleine-Leute-Rhetorik bis kurz vor den Élysée-Palast geschafft, in den USA „regiert“ ein sexistischer Rassist, dazu Orban, Wilders, Erdogan, FPÖ, Polen,…

Man muss wahrlich nicht linksautonom sein, um das alles in höchstem Maße bedenklich zu finden. Man sollte sich sehr empören, wenn Rechtsrockbands hier ins Heft rutschen. Sonst wird man irgendwann feststellen, dass die AfD in Deutschland ähnlich breit akzeptiert wird wie nebenan der Front National oder die FPÖ. Dann rutscht Springer ganz locker weiter nach rechts, der Volksmeinung hinterher, wechselt hier mal die Chefredaktion, die AfD kriegt nen positiven Artikel, und in den Reviews erscheinen Frei.Wild, die Onkelz, Xavier Naidoo und Konsorten.

Haltet ihr für unwahrscheinlich? Ich nerve euch?

Um uns rum ist bereits Rechtsruck, und zwar deutlich (s.o.), Deutschland ziert sich nur noch etwas, vermutlich haben wir vergangenheitsbedingte Hemmschwelle.

Und seit gestern sind die Onkelz im Heft. Sie sibd schon drin, qua Werbung und Text mit Bild begeisterter Fans. Ihr Festival wird genauso präsentiert wie hundert andere. Und es genügt anscheinend völlig, wenn die Chefredaktion nen erklärenden 5-Zeiler raushaut, in einem Semi-öffentlichen Forum, und alle sinds zufrieden.

Hier müsste Empörung sein, Leserbriefe müssten die Redaktion fluten, es müsste Abo-Kündigungen geben… Aber: nichts davon. Wenn man sich empört wird man unfreundlich gebeten, die Kontemplation nicht zu stören, man reflektiere grad über Wellerplatten und 40 Jahre alte Beatles-Outtakes. Nicht falsch verstehen: ich schätze Weller sehr, und die Beatles gab ich komplett im Schrank stehen, ich bin Abonnent seit Ausgabe 2, unser Musikgeschmack wird sich decken.

Aber in der Causa BO sind viele hier zu unpolitisch-desinteressiert (hoffentlich nur das).

„Empört euch!“ (Stephane Hessel)

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