Antwort auf: ROLLING STONE im Juni 2017

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j-w
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maximum rhythm & blues

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„Ja, ist denn  wieder Wild Wood, gar Heavy Soul?“ fragt Arne weil das so ein schöner Einstieg ist. Dann reichen aber die Zeilen nicht um die Assoziationen, die man hätte ausführen können, um dem Einstieg Sinn zu geben, auf den Punkt zu bringen und stattdessen werden Phrasen wie „Schweineorgel“, „Percussion-Geklapper“ und „Gitarrensoli“ bemüht und man möchte auf der imaginären Neue-Weller-Platte-Bullshit-Bingo-Karte gleich mal die ersten drei Kreuze machen.  „Rummelplatz-Pubrock“ ist dann als nächste Phrase dran – so dermaßen originell gewählt, dass sie auf der Bullshit-Bingo-Karte noch nicht enthalten ist. Aber er benutzt sie um den zweiten Track Nova zu beschreiben und man fragt sich ernsthaft, ob er die Platte mehr als einmal gehört hat, und vielleicht bei diesem einen Mal irgendwie das Handy klingelte oder gerade die neue Staffel der hochinteressanten Serie auf dem Festplattenrekorder programmiert werden musste. Und es kommt noch krasser: Er macht eine Formel auf: BLUR 1995 / Psychedelica + Small Faces. Abgesehen davon, dass jede Referenz davon keinen Sinn in diesem Kontext ergibt, ist diese Formel natürlich auch zu originell für unsere Bullshit-Bingo-Karte. Dann aber zum Glück ein Treffer:  „fiept und eiert“ – BULLSHIT!

Danach ist das Bullshit-Bingo eigentlich zu Ende, aber es kommen auch noch weitere Klassiker. Als da wären: „Streicherpomp“, „Hu-hu-Soul-Chöre“, „Bluesknarzer“,  die Assoziation „Steve Winwood“ gab es natürlich schon zu Wild Wood/Stanley Road-Zeiten, hier noch erweitert um „oder schon Barry Manilow?“.  Arne bietet jedenfalls schöne Anregungen für zukünftige Weller-Bullshit-Bingo-Tabellen.

Und dann sind die Zeilen leider doch noch nicht ausgefüllt. Also braucht es Füllsätze. Und dazu braucht man die Erfahrung eines Musikjournalisten. Wie wäre es mit: „Unsortierte Assoziationen: Joe Jacksons Night And Day“ (das völlig anders klingt, nämlich ohne Gitarren oder Sampler/Loops!) Oder: „Niemand will eine Revolution von Paul Weller, auch er selbst nicht, aber er weiß es natürlich nicht.“ (wtf?) Und gleich danach: „Er ist großartig, wie er sich spreizt, eine Trompete blasen lässt (courtesy of Robert Wyatt, dude!), Klang als Klang inszeniert (aha!), schepperiges Schlagzeug ( auf dieser Platte???), Stimmen und Geräusche (das gab es auf den vorherigen Platten, aber hier?), orchestrale Arabesken (wtf?), wie er Lücken lässt (die einzige zutreffende Beobachtung!), nicht zu Potte kommt (doch, doch er kommt zu Potte, aber was ist mit Dir?) – und dann die süßesten Melodien freisetzt (ja was denn nun? ****?)“

Zum Abschluss kommt dann natürlich das Sahnehäubchen:  „Die Platte ist ebenso eine entzückende Zumutung wie ein Fanal der Freiheit. Und wir wollen nicht einer anstrengenden und dubiosen Sache das Wort reden, die Spielfreude genannt wird. Aber schön, wenn man nach all den Jahren noch zusammen lachen kann. Und den anderen überrascht.“

Arne, Du hast damals das Weller-Solodebüt in Deiner Review wunderbar beschrieben. Mich stören nicht die drei Sterne, die hätte man begründen können. Mich stört dieses aufgeblasene NICHTS an Worten. Das kannst Du besser. Bzw. konntest  Du mal.

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Staring at a grey sky, try to paint it blue - Teenage Blue