Antwort auf: Literarische Begegnungen (Lesungen)

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ford-prefect
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Paul Auster – Schauspiel, Frankfurt/Main, 15.3.2017

Ein Rockstar bittet zur Audienz. So kam man sich jedenfalls im restlos ausverkauften Schauspiel vor, wo der New Yorker Schriftsteller Paul Auster seinen neuen Roman „4 3 2 1“ vorstellte. Leider hatte ich kein Glück, eine der raren Restkarten an der Abendkasse zu ergattern. Deshalb musste ich mich damit begnügen, im ersten Stock in der theatereigenen Panorama-Bar mit einigen weiteren Glücklosen auf einem schwarzen Flachbildschirm die Lesung aus dem Saal zu verfolgen. Sozusagen literarisches Public Viewing. Vor sechs Jahren war ich auf einer Lesung seiner Ehefrau Siri Hustvedt in der Heidelberger Universität gewesen, dort war es damals genauso drängend voll.

Auf der Bühne unterhielt sich Autor Paul Auster zuerst mit Zeit-Redakteur Daniel Haas. Anschließend verließ Auster den Saal und Schauspieler Christoph Pütthoff, der zum Ensemble des Theaterhauses gehört, las ausdrucksstark aus „4 3 2 1“ vor. Hinterher kam Paul Auster zurück, plauderte noch mal ein bisschen und stellte sich dann hinter ein schwarzes Stehpult, um selbst einige Passagen aus seinem neuen Werk auf Englisch vorzutragen.

Nach der Lesung fand im Theater-Foyer eine Signierstunde am Büchertisch statt. Offiziell hieß es, jeder bekommt nur ein Buch unterschrieben, ohne Widmung. Schon irgendwie verständlich, hätte sich Auster mit jedem Leser auf einen kurzen Schwatz eingelassen, säße der arme Mann noch morgen früh dort. Einem Besucher vor mir signierte Auster allerdings zusätzlich ihm hingelegte großformatige Fotos. Von Auster habe ich die Angewohnheit übernommen, Notizbücher zu führen, um Ideen und Eindrücke festzuhalten, als Material-Sammlung. Deshalb hatte ich im Vorfeld überlegt, ihm ein Paperblanks-Notizbuch als Geschenk zu kaufen. Mir signierte der Altmeister sein Taschenbuch „Ein Leben in Worten“. Auster blickte kurz über seinen schwarzen Brillen-Rand zu mir hoch und bedankte sich höflich mit einem aufrichtigen „Thank you!“.

Übrigens könnte „4 3 2 1“ der beste Roman sein, den Paul Auster je zu Papier brachte. In diesem Wälzer erzählt Auster die Geschichte eines Mannes – und zwar in vierfacher Ausformung. Vier mögliche Lebenswege derselben Figur, mit ihren Wendungen. Vergleichbar mit dem Spielfilm „Der Zufall möglicherweise“ von Regisseur Krzysztof Kieślowski aus dem Jahre 1981. Oder, wie eine Frau hinter mir in der Schlange meinte, mit Max Frisch. Sie kam nicht auf den Titel, meinte aber wohl „Mein Name sei Gantenbein“.

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